Zwischen Collie und Dwellingup führt uns der Bibbulmun Track auf sieben Tagesetappen ins Lane Poole Reserve und an das Ufer des Murray River. Hier müssen wir auch den ersten Umweg in Kauf nehmen, denn ein Buschfeuer zerstörte die historische Long Gully Bridge.
In Collie haben wir uns für drei Nächte im Colliefields Hotel and Backpackers einquartiert und erstmals zwei Ruhetage eingelegt. Oder sagen wir es mal so: in Collie hatten wir erstmals auf unserer Wanderung durch West-Australien einen richtigen Ruhetag. Bleibt man nämlich nur für einen Tag beziehungsweise zwei Nächte in einer Tracking Town am Bibbulmun Track, dann geht der „Ruhetag“ mit Blog-Update, Wäsche waschen, Einkaufen und Umpacken sowie kleineren Reparaturen doch schneller vorüber, als einem lieb ist.
Wir haben es uns in Collie also endlich mal richtig gut gehen lassen: Donnerstags haben wir im The VIC nebenan den Burger-Tag und die Pint-Hour genossen, und die beiden anderen Tage waren wir im Crown Hotel zum Pasta- beziehungsweise Schnitzel-Day. Fazit: einfach lecker und eine längst überfällige Abwechslung zu unserer üblichen Trail-Kost auf dem Bibbulmun Track mit Couscous oder Asia-Nudelsuppen.
Von Collie bis Dwellingup wandern
Nach unserer Verschnaufpause nutzen wir von Collie aus erneut den rund drei Kilometer langen Spur Trail Richtung Westen, um wieder zum Bibbulmun Track zu gelangen. Als wir aufbrechen ist es noch ziemlich kühl und der Wetterbericht sagt für die nächsten Tage schönes Wetter, aber saukalte und wahrscheinlich sogar frostige Nächte voraus. Auf dem Weg nach Dwellingup liegen offiziell 122 Kilometer auf dem Bibbulmun Track vor uns, doch am ersten Tag wandern wir nur aus der Stadt heraus bis zur gut 22 Kilometer entfernten Harris Dam Campsite.
Dabei müssen wir durchaus aufpassen, dass wir auch wirklich auf dem Bibbulmun Track bleiben, denn bis zum Lake Balingall, der 1989 durch den Bau des Harris Dam entstanden ist, kreuzen wir diverse Straßen und Wirtschaftswege. Der Weg ist aber durchaus gut markiert und zudem recht leicht zu laufen. Nach gut 17 Kilometern legen wir an der Harris Dam Picnic Area noch einmal eine Verschnaufpause ein. Vom Südende des Stausees bis zum Tagesziel, der Harris Dam Campsite, in der wir die Nacht alleine verbringen werden, müssen wir dann nur noch rund eine Stunde weiterwandern.
Collie bis Dwellingup
Profil
Nachts nutzen wir auf dem Bibbulmun Track unseren Kleidersack als Kopfkissen und so klein wie in der vergangenen Nacht war unser Kopfkissen noch nie. In der sternenklaren Nacht mit Temperaturen knapp über der Frostgrenze sind wir komplett bekleidet sowie mit Daunenjacke und Mütze bewaffnet in den Schlafsack gekrochen. Dementsprechend sieht auch der Start am nächsten Morgen aus. Der Himmel verspricht zwar einen Tag mit strahlendem Sonnenschein, aber bis es wirklich so weit ist, laufen wir erst einmal mit Mütze und Handschuhen sowie Pullover und Goretex-Jacke los.
Auf ins Lane Poole Reserve
Von der Harris Dam Campsite geht es am zweiten Tag zunächst entlang einer alten Bahntrasse der Holzfäller zur gut 14 Kilometer entfernten Yourdamung Campsite. Dieser Shelter liegt bereits in der Schutzzone des mehr als 50.000 Hektar großen Lane Poole Reserve, durch das wir die nächsten Tage bis hinauf nach Dwellingup wandern werden.
Im Lane Poole Reserve, das durch bewaldete Täler und mäandernde Wasserwege wie den Murray River geprägt ist, soll es auch noch die Quokka genannten Kurzschwanzkängurus (Setonix brachyurus) und den äußerst seltenen Noisy Scrubbird (Atrichornis clamosus) geben. Der Noisy Scrubbird oder Lärmdickichtvogel heißt übrigens nicht umsonst so, denn sein Gesang ist noch in 1,5 Kilometer Entfernung zu hören.
Die Etappe ist relativ einfach und laut der Trail-Logbücher am Bibbulmun Track legen hier viele Wanderer ein Double-Hutting ein. Wir allerdings genießen lieber den kurzen Trip und vor allem den spätherbstlichen Sonnenschein. Gut drei Kilometer vor der Schutzhütte gelangen wir schließlich in ein frisch abgebranntes Waldstück, in dem hier und da noch die letzten Rauchschwaden aufsteigen.
Bis vor wenigen Tagen hätten wir hier wegen „Prescribed Burns“ noch eine Umleitung des Bibbulmun Track zu einer temporär eingerichteten Campsite nehmen müssen, denn die Forstverwaltung hatte den Yourdamung Shelter aufgrund der kontrollierten Waldbrände komplett gesperrt. Inzwischen ist die Umleitung allerdings aufgehoben und vor zwei Tagen waren sogar schon freiwillige Helfer der Bibbulmun Track Foundation vor Ort, um in der Schutzhütte nach dem Rechten zu sehen.
Emu-Kacke als Samenbomben
Bis zur Possum Springs Campsite sind es am nächsten Tag unserer Wanderung rund 19 Kilometer. Nachdem wir den Bereich der Prescribed Burns verlassen haben, passieren wir auf dem Weg dorthin Jarrah-Wälder und (jetzt im australischen Herbst komplett trockene) Feuchtgebiete wie das „Plonkhole“.
Etwa nach der Hälfte des Weges sehen wir erstmals die leuchtend roten Fruchtstände der wunderschönen Palmfarne. Bislang haben wir nur die eierförmigen Kerne der Früchte und Reste der roten Schalen gesehen. Wo? Ab der Dog Pool Campsite oftmals direkt auf dem Bibbulmun Track, und zwar in der Emu-Kacke.
Nach rund sechs Stunden Wanderung erreichen wir die schön gelegene Possum Springs Campsite. Auch hier wurde der Shelter nach einem Brand kürzlich komplett neu errichtet. Während wir den sonnigen Tag noch ein wenig genießen, versuchen wir im Trail-Logbuch der Schutzhütte noch ein paar Tipps zur morgen anstehenden Mammut-Etappe zu erhaschen.
Von der Possum Springs Campsite führt der Bibbulmun Track normalerweise in einer durchaus anstrengenderen Tagesetappe zur knapp 20 Kilometer entfernten Dookanelly Campsite. Der Weg verläuft dabei zunächst entlang der alten Seventy-Seven Road Bahnstrecke. Nach rund sieben Kilometern ist das Bauxit-Förderband der Worsley Alumina erreicht, das die Erze einer Mine am Mount Saddleback bis zur 50 Kilometer entfernten Aluminium-Raffinerie transportiert.
Umleitung mit Mammut-Etappe
Einen Kilometer hinter dem laut ratternden Förderband kreuzen wir die Harvey Quindanning Road. Und nun müssen wir eine Umleitung nehmen, denn nach einem Buschfeuer im Februar 2015, dem auch die historische Long Gully Bridge zum Opfer fiel, ist der Bibbulmun Track bis zur Dookanelly Campsite gesperrt. Wir müssen also bis zur Driver Road auf das Westufer des Murray Rivers ausweichen und heute insgesamt rund 30 statt 20 Kilometer wandern.
Der Weg führt uns überwiegend auf 4WD-Tracks am Murray River entlang. Nach insgesamt rund 19 Kilometern kommen wir an einer Baustelle vorbei. Hier wird derzeit kräftig an einer neuen Hängebrücke über den Murray River gearbeitet. Sie sieht schon fast fertig aus, aber für Wanderer ist sie noch unpassierbar. Schade, denn vom gegenüber liegenden Flussufer wären es gerade einmal zwei Kilometer bis zu unserem Tagesziel, der Dookanelly Campsite. So aber müssen wir noch weitere 11 Kilometer hinter uns bringen.
Nach zehn Stunden und über 30 Kilometern Wanderung erreichen wir schließlich den Shelter. Gut eine Stunde später, bereits im Dunklen, stößt noch ein Amerikaner zu uns, der heute ein 40 Kilometer langes Double-Hutting hinter sich hat. Machen derart lange Tagesetappen Spaß? Uns eher nicht!
Okay, wir wissen nun, dass wir notfalls auch mal derart lange Etappen schaffen. Was uns dabei allerdings abgeht, ist das Naturerlebnis. Wer Kilometer kloppen muss, der hat einfach keine Zeit, zwischendurch länger den Tieren zuzusehen und die ein oder andere Pflanze zu bestaunen. Genau dafür sind wir aber auf dem Bibbulmun Track unterwegs. Viele der knallharten 40k- oder 50k-Wanderer (abends stöhnen die übrigens genauso wie alle anderen) sehen maximal die kaum übersehbaren Kängurus und wissen oft kaum noch, wie die letzten Hütten hießen.
Auf und ab am Murray River
Auf der gut 19 Kilometer langen Etappe von der Dookanelly Campsite zur Murray Campsite gehen wir zunächst wieder den Weg zurück, den wir gestern gekommen sind. Ab der Driver Road verläuft der Bibbulmun Track überwiegend entlang des Murray River – mal direkt am Ufer, mal hoch oberhalb des Flusses. In diesem Abschnitt sind diverse kleinere Bäche zu queren und aufgrund der in dieser Region oft heftigen Regenfälle kann der Weg hier teilweise auch nicht im besten Zustand sein.
Wir aber haben Glück. Noch eine Woche zuvor war hier ebenso wie auf letzten Etappe saftiges Schlammtreten nach starken Regenfällen angesagt. Da es der Wettergott seit Collie aber überaus gut mit uns meint und uns auch heute strahlenden Sonnenschein gönnt, kommen wir trockenen Fußes zum Shelter.
Die Murray Campsite ist sehr idyllisch direkt am Fluss gelegen. Ganz so idyllisch soll der sonnige Nachmittag allerdings nicht werden, denn die Forstverwaltung ist vor Ort. Mit der Motorsäge fällen sie diverse Bäume rund um die Schutzhütte, die zeltende Wanderer oder gar den Shelter selbst gefährden könnten.
Die wahren Wander-Helden
Am Folgetag stehen gut 19 Wanderkilometer bis zur Swamp Oak Campsite auf dem Programm. Nachts haben die Mäuse im Shelter randaliert und am frühen Morgen ist bei unserem Start alles nebelverhangen. Bereits nach rund 1,5 Kilometern verlässt der Bibbulmun Track den Fluss und führt uns zunächst bergauf zum Murray Valley Rim. Nach gut der Hälfte des Weges verliert der Bibbulmun Track wieder kräftig an Höhe. Am Ende des steilen Abstiegs ist der Yarragil Brook erreicht, über den uns eine kleine Fußgängerbrücke hilft.
Hier treffen wir auch auf die wahren Helden des Bibbulmun Track, eine achtköpfige Gruppe der Usher Army aus Perth, die vier Tage auf dem Bibbulmun Track wandert. Für die heutigen 19 Kilometer planen sie mit gut zehn Stunden, denn gerade der steile Abstieg zum Yarragil Brook kostet sie einiges an Zeit. Und warum sind das nun Helden für uns? Ganz einfach: weil einige von ihnen blind sind! Wer hier nachts einmal versucht hat, auch nur das Toilettenhäuschen der Campsite ohne Lampe zu erreichen, der kann halbwegs erahnen, was das für eine Leistung ist.
Nach einer kurzen Pause am Yarragil Brook geht es für uns auf der gegenüber liegenden Seite des Flusses noch ein wenig steiler wieder bergauf. Das war ja kaum anders zu erwarten, aber immerhin sind es nun nur noch sieben Kilometer bis zum Tagesziel, der Swamp Oak Campsite. Dort begrüßen uns dann auch schon zwei hübsche Papageien und ein Gelbbauch-Dickkopf, der hier Golden Whistler genannt wird. Alle natürlich extrem kamerascheu, und so narrt uns der Golden Whistler ein weiteres mal.
Hans, der Buschmann-Wecker
Ein wenig später, kurz nach dem Abendessen, besuchen uns noch zwei Laughing Kookaburra. Der größte Vertreter der Eisvögel ist bei uns unter dem Namen Lachender Hans oder Jägerliest bekannt und diente uns bislang als Wecker auf dem Bibbulmun Track. Pünktlich um 6:30 Uhr erklang stets das schreiende Gelächter des Kookaburra (das uns eher an einen wild gewordenen Affen erinnert) und eröffnete damit unseren nächsten Wandertag. Bislang gelang uns noch kein gescheites Photo des ursprünglich aus dem Osten Australiens stammenden Vogels, doch heute traut er sich sogar bis auf zwei Meter an uns heran.
Am letzten Tag dieses Wegabschnitts sind es gerade einmal knapp 13 Kilometer bis Dwellingup. Nach einer halben Stunde auf dem Wanderweg queren wir einen kleinem Bach und spätestens nachdem wir die Nanga Road kreuzen hat uns die Zivilisation so langsam wieder eingeholt.
Durch Pinien-Plantagen und Wälder aus Jarrah- und Marri-Bäumen laufen wir schließlich bis ins „Zentrum“ von Dwellingup. Der kleine Ort wurde 1961 durch ein Buschfeuer fast komplett zerstört und zählt heute gerade einmal knapp 400 Einwohner. Immerhin gibt es hier aber einige Unterkünfte, ein paar Cafes, eine Post, einen General Store uuuuund kostenloses Internet im Visitor Centre.
Eine Unterkunft zu finden, ist allerdings gar nicht so einfach, denn die West-Australier feiern am Montag den WA-Day (Western Australia Day) und so verbringt halb Perth sein verlängertes Wochenende in Dwellingup. Aber mit Müh und Not ergattern wir noch eine der Bushwalker-Unterkünfte im Dwellingup Chalets & Caravan Park.
Shelter auf dem Bibbulmun Track
Im Abstand von rund 20 Kilometern hat die Bibbulmun Track Foundation Schutzhütten (engl. „Shelter“) entlang des Wanderwegs errichtet. Diese Hütten sind meist zu einer Seite hin offen und bieten 12 bis 15 Personen Platz. Zusätzliche Ausstattung: Tische und Sitzgelegenheiten, Plumpsklo, Feuerstelle, Regenwassertanks und Zeltplätze. Auf dem Abschnitt zwischen Collie und Dwellingup stehen folgende Shelter und Campgrounds zur Verfügung:
Name | GPS-Daten |
---|---|
Harris Dam Campsite | 33°14’38.4″S 116°09’39.7″E |
Yourdamung Campsite | 33°11’16.6″S 116°15’59.0″E |
Possum Springs Campsite | 33°03’43.3″S 116°17’43.0″E |
Dookanelly Campsite | 32°57’27.1″S 116°12’55.7″E |
Murray Campsite | 32°52’05.0″S 116°08’18.7″E |
Swamp Oak Campsite | 32°46’53.1″S 116°07’03.4″E |
Anreise zum Bibbulmun Track
Den Startort Collie erreicht man von Perth aus mit dem Bus. Dabei fährt man von der Perth Station zunächst 50 Minuten mit dem Transperth-Zug der Mandurah-Line bis zur gleichnamigen Endstation und wechselt dort auf den TransWA-Bus SW3 nach Collie (2:25 Stunden). Etwas langsamer aber ohne Umstieg ist die Fahrt ab dem East Perth Terminal (3:40 Stunden).
Der Zielort Dwellingup ist 2017 erstmals mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Der nächstgelegene Ort mit TransWA-Anschluss ist das 25 Kilometer entfernte Pinjarra, das über die Australind-Bahnlinie an Perth angebunden ist. Zwischen Dwellingup und Pinjarra verkehrten bislang nur Taxis, doch 2017 richtete die Kommune Murray auf dieser Strecke testweise eine Buslinie ein, die dreimal wöchentlich vekehrt.
Buchtipp
Guidebook 2 – Dwellingup
von Steve Sertis und Steve Clark
ISBN 978-0-9750767-4-3
Der Weg von Collie bis zur Dookanelly Campsite ist im Guidebook 3 (Harvey-Quindanning Rd bis Mumballup) beschrieben, für die drei weiteren Etappen bis Dwellingup benötigt man das Guidebook 2 (North Bannister bis Harvey-Quindanning Rd). Beide Wanderführer listen in ihren Track Notes wichtige Wegdetails mit Kilometerangaben und berücksichtigen dabei sowohl Wanderungen in Nord-Süd- als auch in umgekehrter Richtung. Erhältlich sind die Guidebooks über den Online-Shop auf der Website der Bibbulmun Track Foundation.
Wanderberichte zum Bibbulmun Track
- Bibbulmun Track – Von Albany bis Denmark
- Bibbulmun Track – Von Denmark bis Walpole
- Bibbulmun Track – Von Walpole bis Northcliffe
- Bibbulmun Track – Von Northcliffe bis Pemberton
- Bibbulmun Track – Von Pemberton bis Donnelly River
- Bibbulmun Track – Vom Donnelly River bis Balingup
- Bibbulmun Track – Von Balingup bis Collie
- Bibbulmun Track – Von Collie bis Dwellingup
- Bibbulmun Track – Von Dwellingup bis Kalamunda
- Packliste Weitwandern für 2.000 km Trekking-Tour
Linktipp
- bibbulmuntrack.org.au – Bibbulmun Track Foundation
- exploreparks.dbca.wa.gov.au – Department of Biodiverstiy, Conservation and Attractions
- collierivervalley.com.au – Collie Visitor Centre
- dwellingup.destinationmurray.com.au – Dwellingup Trails & Visitor Centre