Atemberaubende Ausblicke, mythische Felsformationen und einsame Gipfel – wer die Vogesen von ihrer wildesten Seite erleben möchte, kommt an den Hochvogesen nicht vorbei. Auf dem GR 53 und GR 5 überqueren wir den Vogesenkamm und beobachten dabei sogar Gämsen.
Die alpin anmutenden Hochvogesen bilden nach unseren Tagen in den Nordvogesen und Mittelvogesen den krönenden Abschluss unserer Vogesen-Durchquerung auf der Grande Traversée des Vosges. Zu den Highlights zählen hier die mächtige Hohkönigsburg mit ihrem fantastischen Panoramablick ins Rheintal, der einzigartige Gipfelgrat des Taennchel und die weiten Hochweiden am Tanet-Gazon du Faing.
Unvergessen bleibt auch die einsame Morgenstimmung auf dem Grand Ballon, dem höchsten Berg der Vogesen. Insgesamt haben wir eine Fülle an Eindrücken mitgebracht, die Lust auf die Hochvogesen machen. Und neben den landschaftlichen Genüssen findest du in unserem Wanderbericht diesmal sogar kulinarische Anregungen, wie das Originalrezept für eine Munstiflette.
Burgromantik und Felsenwege – Wandern in den Hochvogesen (GR 5 / GR 53)
Der Abschnitt „Hautes Vosges“ unserer Vogesen-Durchquerung auf dem GR 53 und GR 5 beginnt an der Gîte d’Étape in Châtenois. Nach einem morgendlichen Spaziergang durch die Weinberge, vorbei an der Église Saint-Georges und mit Blick bis zum Schwarzwald, tauchen wir wieder in den Wald ein. Auf breiten Wegen umrunden wir den Hahnenberg, bis wir am Col du Rotenberg die kleine Schutzhütte Abri E. Moerel erreichen.
Vorbei an Montagne des Singes (Affenberg) wandern wir parallel zur Straße auf schattigen Waldwegen weiter. Dann beginnt der mit gut 250 Höhenmetern recht kernige Anstieg zur mächtigen Hohkönigsburg (757 m. ü. NHN). Oben angekommen, belohnen wir uns am gut besuchten Kiosk erst einmal mit einem Kaffee bei atemberaubendem Panoramablick ins Rheintal.
Die Hohkönigsburg – Majestätische Burg mit Weitblick
Das Château du Haut-Koenigsbourg thront majestätisch über dem Elsass und blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Die als staufische Reichsburg erbaute Anlage wurde 1147 erstmals urkundlich erwähnt. Im Laufe der Jahrhunderte wechselte die Burg mehrfach den Besitzer – von den Herzögen Lothringens über die Bischöfe von Straßburg bis hin zu den Habsburgern.
Nach einer Zerstörung im Jahr 1462 baute das Haus Tierstein die Haut-Koenigsbourg wieder auf. Aus dieser Epoche stammt auch die neun Meter dicke Schildmauer – ein Zeugnis des Wettrüstens zwischen Burgherren und der Entwicklung immer besserer Feuerwaffen. Allerdings sollte man für die Besichtigung der Burg mindestens eineinhalb bis zwei Stunden einplanen – so viel Zeit haben wir heute leider nicht.
Am Col du Schaenzel (584 m. ü. NHN) wechseln wir, einer Empfehlung in einem Forum folgend, auf den Wanderweg Le Hury – La Cave de Rodern. Dieser führt uns statt nach Thannkirch über eine Forststraße zum Weiler Rotzel am Fuße des Taennchel-Massivs. Der anschließende Weg über den Bergkamm soll wunderschön sein und so ersparen wir uns den erneuten Abstieg in das doch recht touristische Ribeauvillé.
An der Abri Rotzel (728 m. ü. NHN) treffen wir dann auf den GR 532 (Wegmarkierung: gelbes Rechteck), einen hier wirklich einzigartig schönen, schmalen und blockübersäten Pfad. Schnaufend geht es noch einmal gut 200 Höhenmeter den Steilhang hinauf. Wir passieren den Losbrunnen, füllen die Trinkflaschen noch einmal auf und erreichen schließlich den Felsen der Riesen.
Der Taennchel-Gipfelgrat – Panoramablicke und bizarre Felsen
Der „Rocher des Géants“ (949 m. ü. NHN) ist das erste Highlight auf dem sechs Kilometer langen Gipfelgrat des Taennchel (geschützte Ruhezone). Der bizarre Felsen ist bekannt für seine Schalenvertiefungen, die als geologische Besonderheit gelten und womöglich prähistorischen Ursprungs sind.
Ebenso bekannt ist die exponierte, nach Osten hin senkrecht abfallende Felsplatte aus Buntsandstein für ihren Panoramablick auf die Haut-Koenigsbourg, die Gemeinden Lièpvre, La Vancelle und Thannenkirch sowie auf die elsässische Ebene. Ein wirklich schöner Rastplatz!
Eben geht es auf schmalem Pfad Richtung Westen zum „Rocher des Reptiles“ (954 m. ü. NHN). Der Reptilienfelsen erinnert an einen versteinerten Dinosaurier aus der Urzeit. Andere sehen in dem Felsen Schlangen, Krokodile oder Eidechsen. Von hier aus hat man auch einen herrlichen Blick auf Lièpvre sowie auf Rombach-le-Franc, La Vancelle und Sainte-Croix-aux-Mines.
Im weiteren Wegverlauf folgt die Felsformation der „Trois Petites Tables“ (989 m. ü. NHN), deren Sockel drei weitere Felsen trägt. Danach gelangen wir an die „Trois Grandes Tables“ und den „Rocher de l’Anneau“ (Ringfelsen), zu dem eine Eisentreppe hinaufführt. Oben auf dem Felsen befindet sich ein eiserner Ring mit der Inschrift: „In diluvio salus Noae“ (Noahs Rettung in der Flut). Der Legende nach vertäute Noah damit seine Arche.
Nächtliche Ruhestörung – Brunftzeit bei Hirsch und Mensch
Hinter dem Rammelstein (988 m. ü. NHN), auf dem Ende der 1990er Jahre mehrere Statuetten nordischer Gottheiten aus vermutlich gallo-römischer Zeit gefunden wurden, beginnt für uns der Abstieg durch die dichten Wälder der Hochvogesen. Am „Rocher du Reinoldstein“ genießen wir noch einmal die Aussicht und gelangen schließlich zur Abri Maurice Burrus (770 m. ü. NHN) am Rande des Schutzgebiets – unserem Nachtlager.
Doch die Nacht in der Schutzhütte wird unruhiger als erwartet. Zum einen stimmen gleich mehrere Hirsche ringsum ihren Brunftgesang an, zum anderen verirrt sich noch ein Liebespaar auf den nahe gelegenen Parkplatz. Als sie uns bemerken, suchen sie sich aber doch schnell ein ungestörteres Plätzchen.
Gipfelpfade und Genüsse – Wandern in den Hochvogesen (GR 5 / GR 53)
Heute geht es weiter durch den Parc naturel régional des Ballons des Vosges, der sich über eine Fläche von etwa 300.000 Hektar erstreckt. Auf dem GR 532 nehmen wir den Aufstieg zum Brézouard-Massiv (1229 m. ü. NHN) in Angriff. Nach rund 350 Höhenmetern und gut sechs Kilometern auf meist breiten und gut begehbaren Wegen treffen wir am Refuge Pierre des Trois Bans wieder auf den GR 53 und den GR 5.
Die Brézouard-Gipfel – Aussichtsreiche Höhenwanderung
Nun wird es deutlich entspannter und es beginnt eine erholsame und aussichtsreiche Höhenwanderung. Wenig später mündet der Weg in einen „Chemin Militaire“, den auch Wanderreiter und Mountainbiker für Touren in den Hochvogesen nutzen. Und tatsächlich begegnen uns am Rehberg (1141 m. ü. NHN) auch gleich zwei Wanderreiter in bester John-Wayne-Manier.
In leichtem Auf und Ab geht es auf dem Fahrweg weiter, bis der GR 53 und der GR 5 zum Petite Brézouard (1203 m. ü. NHN) abzweigen. Nun wird es wieder steiler und wir genießen noch einmal die Herbstsonne und die fantastischen Blicke auf die umliegenden Hochvogesen einschließlich des Grand Ballon.
Abstieg nach Le Bonhomme – Göttlicher Stinker am Abend
Die einst bewaldeten Brézouard-Gipfel sind übrigens erst seit 1999 fast baumfrei, nachdem der Orkan Lothar hier und im benachbarten Schwarzwald massive Schäden angerichtet hatte. Der Aussicht tut das keinen Abbruch. Und die genießen wir noch ein wenig in einer kleinen Scharte am Refuge du Brézouard, das frei zugänglich ist und dank einer Solaranlage sogar Licht hat.
Weiter geht es zum Grande Brézouard (1229 m. ü. NHN), der seinen kleinen Namensvetter nur um wenige Meter überragt. Vom Gipfel des Brézouards werfen wir einen Blick auf die Täler von Fréland, Lapoutraitie und Orbey. Und nach einer kurzen Verschnaufpause führt uns ein Pfad steil bergab über einen kleinen Pass zum Col des Bagenelles (904 m. ü. NHN).
Geschickt geführt und weitgehend abseits der Straße bringen uns der GR 5 und der GR 53 zügig nach Le Bonhomme. Unterwegs haben wir auf einer Kuhalm per Smartphone noch ein Zimmer im Logis Hôtel de la Poste et Spa reserviert. Nach einer warmen Dusche gibt es hier auch eine leckere Spezialität aus dem nahen Munstertal: eine Munstiflette!
Munstiflette-Rezept aus den Vogesen
Unser Mitbringsel: Das Originalrezept für eine Munstiflette, die elsässische Variante des Kartoffelauflaufs mit dem berühmten Weichkäse aus dem Vallée de Munster. Die Zutaten für vier Portionen:
30 | Charlotte-Kartoffeln (mittelgroß) |
4 | Zwiebeln (gelbe) |
500 g | Speck (geräuchert) |
200 ml | Weißwein (Riesling) |
300 ml | Schlagsahne |
490 g | Munsterkäse (oder Rotschmierkäse) |
etwas | Petersilie (glatte, frisch gehackt) |
etwas | Salz / Pfeffer |
etwas | Fett |
- Die ungeschälten Kartoffeln waschen und anstechen, damit sie nicht platzen. In kaltes Salzwasser legen und 30 bis 45 Minuten kochen.
- Den Backofen auf 200 °C vorheizen.
- Die Zwiebeln in Streifen schneiden und in etwas Fett anbraten. Den Speck in Würfel schneiden und zwei bis drei Minuten mitbraten.
- Die Kartoffeln schälen und in 2 bis 3 mm dicke Scheiben schneiden.
- In eine Gratinform eine erste Schicht Kartoffeln legen, mit Salz und Pfeffer würzen. Mit Zwiebeln und Speckwürfeln belegen. Diesen Vorgang wiederholen, bis die Form fast gefüllt ist.
- Wein und Sahne verrühren und in die Form gießen.
- Den Munsterkäse in Scheiben schneiden und darauf anrichten.
- Bei 180 °C überbacken, bis der Käse geschmolzen und leicht gebräunt ist (ca. 30 Minuten).
- Mit Petersilie bestreuen und sofort servieren. Passende Beilage: Grüner Salat mit Vinaigrette.
Weiden und Weltkriegserbe – Wandern in den Hochvogesen (GR 5 / GR 53)
Am nächsten Morgen ist das Wetter eher bescheiden. Wir verlassen Le Bonhomme auf einer kleinen Straße und zweigen bald auf einen Pfad ab, der uns in den Wald führt. An einer Vier-Wege-Kreuzung folgen wir nicht dem GR 5 zum Étang du Dévin, sondern wieder dem GR 532, der uns auf dem Sentier de Deux Lacs direkt hinauf zur Nécropole nationale du Carrefour Duchesne à Orbey führt.
Innehalten und Gedenken – Der Soldatenfriedhof am Tête des Faux
Wir halten kurz inne am französischen Soldatenfriedhof auf einem der berüchtigtsten Schlachtfelder der Vogesen. Die Weihnachtsschlacht um das nahe Gipfelmassiv des Tête des Faux (1208 m. ü. NHN) und die anschließenden Kämpfe forderten im Ersten Weltkrieg wohl mehr als 10.000 Tote.
Auf einem breiten Forstweg führen uns der GR 5 und der GR 53 nun weiter zum Col de Calvaire (1144 m. ü. NHN). Der Pass mit Schienen-Rodelbahn am Skigebiet des Lac Blanc ist zwar recht belebt, strahlt aber mit seinen spätsommerlichen Umbauarbeiten eher Tristesse aus. Der folgende Wegabschnitt ist dagegen ein absolutes Highlight.
Der Pfad verläuft nun direkt am Steilabbruch des Lac Blanc entlang und führt uns auf die Hochweiden im Réserve naturelle Tanet-Gazon du Faing. Dieses Naturschutzgebiet auf dem Vogesenkamm schützt auf einer Fläche von 505 Hektar die Hochmoore und Bergwälder der Hautes-Chaumes und ist an Wochenenden wie heute recht gut besucht.
Über die Hochweiden – Die Hautes Chaumes im Tanet-Gazon du Faing
Für die besten Tiefblicke bleiben wir in der Nähe der Abbruchkante, doch das Wetter trübt die Sicht heute etwas. So wandern wir über das weite Wiesenplateau zum Rastplatz an der Source du Lac Blanc (1280 m. ü. NHN) und erreichen schließlich den Granitgipfel des Gazon du Faing (1306 m. ü. NHN) und das Soultzerer Eck (1302 m. ü. NHN).
Der nahezu ebene Gipfelbereich bietet uns eine bemerkenswerte Aussicht auf den idyllisch gelegenen Lac du Forlet sowie ins Münstertal und das Tal von Orbey/Urbeis. Und natürlich auch auf die senkrecht nach Osten abfallende Felswand zwischen dem Taubenklangfelsen (1299 m. ü. NHN) und dem Ringbuhlkopf (1302 m. ü. NHN).
Auf dem Felsplateau lohnt es sich, die kleineren Pfade links des GR 5 und des GR 53 zu nutzen, die Wanderer näher an die Abbruchkante heranführen und mit ihren fantastischen Ausblicken – insbesondere im Bereich des Gazon de Faîte – immer wieder zum Verweilen einladen.
Obdachlos am Col de la Schlucht – Kein Zimmer in Sicht
Die aussichtsreiche Kammwanderung führt uns durch lichten Bergkiefernwald weiter zum Le Tanet (1292 m. ü. NHN). Nach ersten vielversprechenden Ausblicken auf das Hohneck geht es schließlich hinab zum Col de la Schlucht (1139 m. ü. NHN). Dieser belebte Pass an der Vogesenkammstraße Route des Crêtes bietet neben Wanderparkplätzen auch eine touristische Infrastruktur mit Souvenirläden und Hotels.
Eine Unterkunft finden wir allerdings nicht. Und da wir wegen der Schutzgebiete auch nirgendwo unser Zelt aufschlagen können, wandern wir weiter durch den Zauberwald des Réserve naturelle nationale de Frankenthal-Missheimle. Unsere letzte Hoffnung: Das Chalet-Refuge des Trois fours des französischen Alpen- und Bergsteigerclubs FFCAM.
Trotz Wochenendtrubel finden wir in der bewirtschafteten Schutzhütte tatsächlich noch einen Platz im Schlafsaal. Und nach einer warmen Dusche gibt es sogar ein Craft-Bier und ein leckeres 3-Gänge-Menü, perfekt gekrönt vom Stinkkäse aus dem Munstertal.
Gämsen und Fledermäuse – Wandern in den Hochvogesen (GR 5 / GR 53)
Neblig und kalt ist es, als wir uns am nächsten Morgen auf den Weg zum dritthöchsten Berg der Hochvogesen machen. Normalerweise bietet das Hohneck (1363 m. ü. NHN) einen weiten Blick über die Vogesen, die Rheinebene und den Schwarzwald bis hin zu den Alpen. Heute ist davon nichts zu sehen. Dafür läuft uns auf den weiten Wiesen und Weiden am Col du Falimont aber eine Gruppe Gämsen über den Weg.
Gamswild statt Gipfelpanorama – Tierische Überraschung am Hohneck
Naturfotografen schätzen das Hohneck als einzigartiges Beobachtungsgebiet für Gämsen, denn die Population der Hochvogesen ist relativ zutraulich. Wanderer sollten sich jedoch ruhig verhalten und auf den Wegen bleiben, um die Tiere nicht zu stören. Stress ist nämlich einer der Gründe, warum die Gämsen am Hohneck 25 Prozent weniger wiegen als in anderen Vogesengebieten.
Die Auberge du Sommet du Hohneck auf dem Gipfel ist im dichten Nebel nur schemenhaft zu erkennen. Auf einer kleinen Anhöhe zeigt uns eine Orientierungstafel aber immerhin, welche Gipfel wir bei besserem Wetter von hier aus sehen könnten. Und auf dem Weg hinab zum Wiesenpass Col du Wormspel (1280 m. ü. NHN) sehen wir sogar noch eine weitere Gruppe Gämsen.
Normalerweise hätten wir nun wohl die Variante rund um die Spitzkoepfe gewählt. Wegen des Nebels entscheiden wir uns aber für den direkten Weg zur Ferme-Auberge Firstmiss. Dieser führt uns am Kastelberg (1350 m. ü. NHN) vorbei zunächst zum Refuge Louis Herges am Collet du Rainkopf.
Nebelwandern in den Hochvogesen – Mystische Stimmung
Oberhalb der Route des Crêtes, die wir im Nebel nur selten hören und sehen, wandern wir durch das Réserve naturelle des Hautes-chaumes du Rothenbach. Der Weg führt über die Hochweiden westlich des Rainkopfs zum markanten Rothenbachkopf (1316 m. ü. NHN). Bei guter Witterung soll man von dort übrigens einen herrlichen Tiefblick ins Munstertal haben.
Unsere Kammwanderung führt uns nun über den Batteriekopf (1311 m. ü. NHN) hinunter zum Col du Neurod (1311 m. ü. NHN), wo wir in einer kleinen Schutzhütte kurz Unterschlupf suchen und eine Brotzeit machen. Diese Idee hatten wohl schon andere Wanderer vor uns, denn die Feuerstelle ist noch warm und in der ganzen Hütte riecht es lecker nach gebratenem Fisch.
Nach der Rast geht es über offene Weideflächen und den Schweisel (1271 m. ü. NHN ) etwas steiler bergab zum Col d’Hahnenbrunnen (1186 m. ü. NHN). Hier und da führt uns der Weg nun auch durch lichte Bergwälder und schließlich erreichen wir am Jungfrauenkopf Le Markstein.
Auch dieser Wintersportort zieht uns nicht wirklich an – vielleicht fehlt einfach der Schnee. Oder es liegt an den vielen Sportwagenfans, die sich heute hier sammeln und gemeinsam über die Route des Crêtes dröhnen. Einen letzten Zwischenstopp lassen wir uns aber trotzdem nicht nehmen und kehren kurz in einem der Restaurants auf ein Gläschen Rotwein ein.
Übernachtung im Kapitänshäuschen – Zu Gast bei Kapitaen’hisel
Danach folgen wir kurz der Route des Crêtes und wechseln dann auf einen Pfad oberhalb der Kammstraße. Die Hangquerung führt uns zum „Moorfeld“, einer feuchten Bergwiese, wo der Legende nach einst sieben Mönche der nahen Abtei Murbach ermordet wurden. Schließlich überqueren wir die Route des Crêtes und folgen dem „Kapitaensstressla“ zum Refuge du Storkenkopf.
Der leicht zu übersehende Abzweig zu dieser Hütte, auch „Abri Kapitaen’hisel“ genannt, liegt auf halbem Weg zwischen dem Moorfeld und dem Grand Ballon. Nach dem Abendessen richten wir auf einer Bank und dem Tisch des kleinen „Kapitänshäuschen“ unser Nachtlager. Und am späten Abend bekommen wir auch noch kurz Besuch: Eine kleine Fledermaus hat durch einen Spalt am Kamin den Weg zu uns gefunden, ist aber auch schnell wieder verschwunden.
Höhenrausch und Abstiegshatz – Wandern in den Hochvogesen (GR 5 / GR 53)
Nach einem kleinen Frühstück geht es auf dem „Kapitaensstressla“ zunächst noch recht gemütlich bergauf bis zur Ferme-Auberge du Haag (1231 m. ü. NHN). Dann beginnt einer der eindrucksvollsten Steige in den Hochvogesen. Über die unschwierige, aber alpin anmutendende Südwestflanke geht es hinauf auf den höchsten Vogesengipfel: Den Grand Ballon oder Großen Belchen (1424 m. ü. NHN).
Ganz einsam am höchsten Vogesen-Gipfel – Stille am Grand Ballon
Auf dem weiten Gipfelplateau des Grand Ballon gelangen wir zunächst zu den Diables bleus. Dieses markante Gipfeldenkmal der sogenannten „blauen Teufel“ erinnert an die Opfer des Gebirgsjägerbataillons im Ersten Weltkrieg. Heute taucht es aber nur selten aus den Nebelschwaden auf.
Ganz ohne den am Gipfel üblichen Massentourismus geht es mutterseelenallein zum höchsten Punkt an der Radarstation. Ihre umlaufende Aussichtsplattform bietet einen Blick auf die Städte Colmar, Mulhouse, Basel und Freiburg im Breisgau – höher hinaus geht’s in den Vogesen nicht mehr.
Die Radarstation errichtete man übrigens erst 1997. Sie unterstützt die Flugüberwachung für die Flughäfen von Straßburg und Basel-Mülhausen. Die vom Architekten Claude Vasconi entworfene Station ist von Orientierungstafeln umgeben, die uns den einzigartigen Panoramablick näher bringen.
Hinab zum Château de Freundstein – Abstieg ins Grüne
Wir folgen dem steilen und steinigen Weg hinunter. Nach einer Viertelstunde erreichen wir den höchsten Punkt der Route des Crêtes auf 1343 Metern Höhe. Hier befinden sich das Chalet Hôtel du Grand Ballon und direkt gegenüber ein Selbstbedienungsrestaurant, das tatsächlich schon geöffnet hat.
Ein heißer Kaffee klingt sehr verlockend. Daher zieht es uns zunächst in das Selbstbedienungsrestaurant, in dem es auch einen richtig guten Kuchen zum Frühstück gibt. Kurz gesagt: Ein Top-Stop am frühen Morgen!
Bei Nieselregen wandern wir nach dem Frühstück – parallel zum Tellerlift „Téléski du Ballon“ – hinunter zur Ferme-Auberge du Grand Ballon. Über den Col du Firstacker und den Col Amic gelangen wir zur angeblich höchstgelegenen Burg der Vogesen, dem Château de Freundstein (927 m. ü. NHN).
Geschichtsträchtige Orte – Vom Hartmannswillerkopf zum Hexenauge
Wenige Meter weiter beginnt ein wildromantischer Waldsteig, der uns nach knapp drei Kilometern zum Nationaldenkmal „Vieil Armand“ führt. Hier, am Hartmannswillerkopf, tobten im Ersten Weltkrieg die schwersten Kämpfe im Elsass. Das Museum ist heute zwar geschlossen, aber die Überreste des Stellungskrieges (Stollen, Unterstände und Schützengräben) sind frei zugänglich. Wegen des einsetzenden Starkregens verzichten wir dann aber doch auf eine Besichtigung und wandern weiter.
Im Dauerregen wandern wir über den Molkenrain (1125 m. ü. NHN) zum Camp Turenne, einem weiteren Weltkriegsdenkmal am ehemaligen Kommandoposten auf dem Thomannsplatz. Kurz vor der Abri du Becherkopf, wo wir heute übernachten wollten, entscheiden wir uns komplett nach Thann abzusteigen. Durchnässt wie wir sind, ist eine heiße Dusche einfach zu verlockend, auch wenn das 1500 Höhenmeter im Abstieg bedeutet.
Ein netter, teils steiler Waldweg führt uns hinab zum Col du Grumbach (580 m. ü. NHN). Kurz vor Thann erreichen wir das Château dʼEngelbourg (445 m. ü. NHN). Dessen markantestes Bauteil ist der Rest des im 17. Jahrhundert gesprengten runden Bergfrieds, für den sich der Name „Oeil de la Sorcière“ (Hexenauge) einbürgerte.
Ein Sträßchen bringt uns nun an den Ortsrand von Thann. Wir überqueren die Thur und erreichen das spätgotische Münster Saint-Thiébaut (Theobalduskirche) am Place Joffre im historischen Stadtzentrum. Wenige Meter weiter finden wir im Hôtel du Rangen schließlich eine Unterkunft.
In einer kurzen Regenpause kaufen wir noch das Nötigste für den Abend ein. Bei Käse und Wein beschließen wir dann angesichts der mehr als schlechten Wetteraussichten, unsere Vogesen-Durchquerung in Thann zu beenden und auf die letzten drei Etappen bis Belfort zu verzichten.
Steckbrief: Grande Traversée des Vosges
Die Grande Traversée des Vosges, im Französischen auch Traversée du Massif des Vosges genannt, führt auf den Routen GR 53, GR 5 und Hexatrek von Wissembourg an der deutschen Grenze durch den Naturpark Nordvogesen und das Biosphärenreservat Südvogesen bis nach Belfort. Auf der rund 430 Kilometer langen Vogesenüberquerung begegnen dem Wanderer bizarre Sandsteinfelsen und imposante Ruinen wie die Burg Fleckenstein oder die Hohkönigsburg, das Soldatendenkmal am Hartmannswillerkopf und – rund um das Hohneck (1363 m ü. NHN) – mit etwas Glück auch Gämsen.
Auf seinem Weg über die höchsten Gipfel zwischen Pfälzerwald und Burgundischer Pforte präsentiert sich der Vogesenkammweg als Traumroute für Liebhaber ursprünglicher Mittelgebirgslandschaften. Der sportlich anspruchsvolle Fernwanderweg dauert je nach Kondition und Ausdauer rund drei Wochen. Wer die Vogesen in einem Stück durchqueren möchte, muss dabei mit teilweise durchaus anspruchsvollen Tagesetappen von 20 bis 25 km Länge und insgesamt 14.000 Höhenmetern rechnen. Wanderer, die mit Zelt und Schlafsack unterwegs sind, finden neben einigen Campingplätzen und preiswerten Chambres d’hôtes auch zahlreiche frei zugängliche Refuges (Schutzhütten) zur Übernachtung.
Karte, Etappen & Unterkünfte der Hautes Vosges Wanderung
Unsere Wanderung durch die Hochvogesen im Rahmen der Grande Traversée des Vosges war mit einigen Alternativrouten auf acht Tagesetappen mit jeweils rund 20 km geplant. Letztlich haben wir die Tour wegen schlechtem Wetter aber etwas verkürzt und in Thann beendet. Der Rother-Wanderführer zur Vogesen-Durchquerung auf dem GR 53 / GR 5 sieht für die Strecke bis Giromagny bei Belfort zehn Tage vor, was mehr Zeit für die Besichtigung der Sehenswürdigkeiten lässt. Letztendlich kann aber jeder Wanderer die Etappen nach seinen eigenen Vorlieben und seiner Kondition anpassen.
GR 53 / GR 5 Hochvogesen
Profil
Etappe | Ziel | km | hm ▲ | hm ▼ |
---|---|---|---|---|
13 | Abri Maurice Burrus am Croix de Ribeauvillé | 20,1 | 1029 | 466 |
14 | Le Bonhomme (Hôtel de la Poste) | 17,6 | 633 | 692 |
15 | Chalet-Refuge des Trois fours (FFCAM) | 18,2 | 914 | 399 |
16 | Refuge du Storkenkopf (Captain Hisel) | 24,8 | 618 | 626 |
17 | Thann (Hôtel du Rangen) | 22,3 | 678 | 1536 |
Fazit unserer Wanderung auf dem GR 5 und GR 53 durch die Hochvogesen
Die Wanderung auf dem GR 53 und GR 5 durch die Hochvogesen war ein absoluter Höhepunkt unserer Vogesen-Durchquerung. Zu unseren ganz persönlichen Höhepunkten zählten der landschaftlich einmalige Gipfelgrat des Taennchel, die Begegnung mit den Gämsen am Hohneck und die so unerwartet einsame Überschreitung des Grand Ballon am frühen Morgen.
Trotz etwas Pech mit dem Wetter entpuppten sich die Hochvogesen als wahres Wanderparadies. Die naturnahen Wege, die Ruhe abseits der wenigen touristischen Hotspots und frei zugängliche Schutzhütten wie die Abri Kapitaen’hisel sorgen für Begeisterung. Die Hochvogesen haben definitiv Lust auf mehr gemacht – vielleicht kehren wir ja zurück, um die letzten Etappen bis Belfort zu wandern oder dem GR 5 durch den Jura zu folgen.
Daten, Infos & GPX-Track zur Wanderung in den Hochvogesen (GR 5 / GR 53)
- Start: Châtenois (deutsch: Kestenholz) im Unterelsass, direkt an der elsässischen Weinstraße.
- Ziel: Thann (geplant war Belfort), eine Stadt im Département Haut-Rhin im Elsass, etwa 15 km nordwestlich von Mulhouse und 55 km von Basel entfernt.
- Gesamtstrecke: Rund 101 km.
- Höhenmeter: Das Höhenprofil dieser Hochvogesen-Wanderung ist je nach Quelle und gewählter Interpolation der Höhendaten sehr unterschiedlich. Im Mittel aller Angaben ergeben sich etwa 3.850 Höhenmeter im Aufstieg und 3.710 Höhenmeter im Abstieg.
- Niedrigster Punkt: Châtenois (190 m ü. NHN).
- Höchster Punkt: Grand Ballon (1424 m ü. NHN, der Große Belchen ist der höchste Berg der Vogesen).
- Markierung: Rotes Rechteck (durchgehend, obwohl der GR 5 sonst durch weiß-rote Balken markiert ist).
- Qualitätsauszeichnungen: „Leading Quality Trails – Best of Europe“ (2019) für die insgesamt 430 km lange Grande Traversée des Vosges.
- Wegbeschaffenheit: Überwiegend Naturwege und schmale Pfade, teilweise auch asphaltierte Straßen.
- Dauer: Je nach Kondition und Ausdauer meist 4 bis 6 Tage.
- Beste Reisezeit: Mai bis Oktober.
- An-/Abreise: Die An- und Abreise mit Auto, Bus oder Bahn erfolgt in der Regel über Straßbourg, Mulhouse oder Basel. Châtenois ist mit dem Bus ab Sélestat (Bahnhof) erreichbar, Thann mit dem Regionalzug. Zu anderen Etappenorten fahren Regionalzüge und Busse.
- Wanderführer: Vogesen-Durchquerung, Thomas Striebig, Rother Bergverlag, ISBN 978-3-7633-4407-9 oder GR 5 – Traversée du Massif des Vosges, Topo Guide 502, FFRandonnée/FFRP.
- Wanderbroschüre: Kostenloser PDF-Download (französisch) auf massif-des-vosges.fr verfügbar.
- Wanderkarte: Die Karten des Club Vosgien im Maßstab 1:50.000 (Blatt 6 und 7), oder die Karte Traversée du massif des Vosges GR5 – GR53, IGN France, im Maßstab 1:100.000 (erhältlich bei Amazon).
- GPX-Daten: Kostenloser GPX-Download aller Etappen auf massif-des-vosges.fr verfügbar.
- Offizielle Website: vogesenmassiv.de und Club Vosgien.
Buchtipp
Vogesen-Durchquerung
von Thomas Striebig
ISBN 978-3-7633-4407-9
Der Rother Wanderführer „Vogesen-Durchquerung“ von Thomas Striebig ist der ideale Begleiter für eine Nord-Süd-Durchquerung der Vogesen. In 36 Etappen führt er auf den Fernwanderwegen GR 53, GR 5 und GR 531 von Wissembourg im Nord-Elsass bis nach Giromagny und Masevaux im Süden und zeigt dabei auch Wegvarianten auf. Der Autor, ein profunder Kenner der Vogesen, hat die einzelnen Etappen etwas gemütlicher zusammengestellt, so dass man in vier bis fünf Wochen das gesamte Gebirge von den sanften Nordvogesen über die urwüchsigen Mittelvogesen bis zu den schon alpin anmutenden Hochvogesen erkunden kann.
Thomas Striebig streift dabei alle landschaftlichen Höhepunkte wie den Odilienberg, den Grand Ballon als höchsten Vogesengipfel oder die malerischen Seen der Hochvogesen. Jede Etappe stellt er mit einer detaillierten Wegbeschreibung, einem Wanderkärtchen im Maßstab 1:110.000, einem aussagekräftigen Höhenprofil und Hinweisen zu Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten vor. Zusätzlich gibt es Informationen zu Sehenswürdigkeiten und geschichtlichen Hintergründen. Für die Tour selbst stehen auf der Website des Verlags auch GPS-Tracks zum kostenlosen Download bereit.
Linktipp
- Mittelvogesen: Auf dem GR 53 / GR 5 über die Vosges centrales
- Nordvogesen: Wandern auf dem GR 53 durch die Vosges du Nord
- Preisfalle: Aufpassen bei grenzüberschreitenden Bahnfahrten!