Einsame Täler, viel Geröll: Diese rund 120 Kilometer lange Fernwanderung führt Skandinavien-Fans an die Grenze zwischen Süd- und Mittelnorwegen in den Rondane Nationalpark und den Dovrefjell-Sunndalsfjella Nationalpark.
Ein Jahr nach unserer Wanderung auf dem Kjalvegur in Island sollte es erneut nach Skandinavien gehen. Diesmal lag unser Ziel rund 300 Kilometer nördlich von Oslo, nahe dem weltberühmten Jotunheimen-Nationalpark. Ein Flug nach Oslo und eine anschließende Bahnfahrt mit der „Dovrebanen“ nach Otta brachten uns ins Gudbrandsdalen. Das mit rund 320 Kilometern längste Tal Norwegens ist Wanderern mit Pilgererfahrung vielleicht ein Begriff, da hier der Olavsweg von Oslo nach Trondheim führt. Wir wollten allerdings rechts und links des Tals wandern: östlich des Gudbrandsdalen im Rondanegebirge und dann westlich des Tals durch den Dovrefjell-Sunndalsfjella-Nationalpark.
Durch den Rondane Nationalpark
Vom Bahnhof der Kleinstadt Otta aus verlassen wir das Gudbrandsdalen mit einem Lokalbus, der uns zum Parkplatz Spranget an der Nationalparkgrenze bringt. Von hier sind es nur sechs Kilometer zur DNT-Hütte Rondvassbu, wo diverse Routen durch den Rondane Nationalpark starten. Wir übernachten zwar nicht in der stark frequentierten Hütte, nutzen aber deren Fährdienst zum anderen Ende des schmalen Sees Rondvatnet, wo wir für die erste Nacht unser Zelt aufschlagen.
Rondane Nationalpark
Profil
Am nächsten Morgen geht es durch das Rondvassdalen zunächst zu den kleinen Seen Bergedalstjønnen. Nach einem kurzen Anstieg führt der Weg dann über diverse Bäche weiter Richtung Norden ins Bergedalen, wo der Bergedalsbekken eine mächtige Schlucht in den Fels geschnitten hat.
Kurz bevor der Bach in den Fluss Atna mündet, zweigt der Weg nach rechts ab zu den Dørålseter Almen. Hier wird es wieder grüner und wir sehen auch die ersten, roten Moltebeeren, die allerdings noch nicht reif sind. Verzehrreif sind sie erst, wenn sie orange und weich werden. Dann schmecken sie fast wie Aprikosenmarmelade. Einen Kilometer hinter den Almen ist schließlich das Tagesziel, die Øvre Dørålseter Hütte erreicht.
Dørålseter – Abwettern mit Bierchen
Die folgende Nacht zelten wir direkt an der Hütte. Das Zelten ist an fast allen DNT-Hütten möglich, kostet aber eine kleine Campinggebühr für die Mitbenutzung der Toiletten und Duschen. Außerdem ist es ganz praktisch, wenn man einmal – so wie wir am nächsten Tag – Abwettern muss (oder will 😉 ). Und, da das Wetter gar so trostlos ist, gönnten wir uns dabei sogar ein kleines Bierchen.
Am Morgen nach dem großen Regen ist das Wetter wieder vom Feinsten und so geht es an den Anstieg zur Dørålsglupen Scharte. Und die hat es durchaus in sich. Über imposante Mengen von Geröll und Blockfelsen hinweg geht es hier bis zum Scheitelpunkt auf einer Höhe von 1.400 Metern hinauf. Und auf der anderen Seite? Da sieht’s genauso aus! Allerdings halten sich in der Nordflanke noch immer einige Altschneefelder, die wir weiträumig umgehen.
Haverdalsåe – Blumen statt Steine
Endlich wieder im Tal angekommen geht es am Haverdalsåe entlang bis zu einer Brücke, die über den Fluss führt. Nach der kargen Steinwüste des Dørålsglupen dürfen wir uns nun über frisches Grün, einen kleinen Birkenwald und einen wunderschönen Rastplatz am Flussufer freuen. Zu schön, denn nach einer kurzen Verschnaufpause beschließen wir, auch den Rest des Tages hier zu verbringen, zwischen den Blumen ein wenig in der Sonne zu chillen und an diesem idyllischen Plätzchen zu übernachten.
Der nächste Tag soll uns nun endlich zur Grymsdalshytta führen. Vom Fluss geht es dabei erst einmal steil hinauf, zunächst noch durch Birkenwälder und Blumen, später dann auch immer wieder über größere Geröllfelder. Die können uns nach den Tour über den Dørålsglupen aber längst nicht mehr schrecken und so genießen wir die Aussicht vom höchsten Punkt auf rund 1.300 Metern Höhe.
Über das ausgedehnte Plateau des Gravhøtangen geht es schließlich über Moss- und Flechtenteppiche sowie diverse Bäche hinab ins Grimsdalen zur DNT-Hütte. Die gleicht übrigens eher einem kleinen Berghotel und ist sogar mit dem Auto erreichbar ist.
Hjerkinn – Die Snøhetta grüßt
Unsere letzte Rondane-Etappe führt uns durch den Dovre-Nationalpark wieder ins Gudbrandsdalen hinab und dann zur Hjerkinn Fjellstue. Bis dahin geht es aber erst noch einmal steil bergan und der heutige Tag beschert uns dabei fanstastische Blicke auf die Snøhetta im Dovrefjell, mit 2.286 Metern Norwegens höchster Berg außerhalb Jotunheimens. Nach dem Abstieg ins Tal machen wir noch kurz Halt in Havalseter, bevor es auf Feldwegen weitergeht zur Hjerkinn Fjellstue.
In Hjerkinn gibt es neben der Fjellstue mit Reiterhof und Campingplatz auch einen Bahnhof. Wer nur wenig Zeit hat, der kann hier also seine Rondane-Wanderung beenden und mit öffentlichen Verkehrsmitteln weiterreisen. Wir nutzen hingegen die Dovrebanen, um in das knapp 40 Kilometer entfernte Dombås zu fahren. Dort stocken wir im Supermarkt erst einmal unsere Proviantvorräte auf, denn wir wollen unsere Wanderung ja fortsetzen und auch noch den Dovrefjell-Sunndalsfjella Nationalpark durchqueren. Mehr dazu erfahrt Ihr im Beitrag Dovrefjell in Norwegen – Wandern mit Moschusochsen.
Tipp: Eine Spezialität des Gudbrandsdalen ist der gleichnamige Braunkäse, der aufgrund seines karamellartigen Geschmacks durchaus als Marmeladen- oder Nutella-Ersatz herhalten kann. Im Gegensatz zu anderen Käsesorten wird bei der Herstellung des Gudbrandsdalen die Molke und der Milchzucker karamellisiert, was dann für den wirklich einzigartigen Geschmack sorgt.
Anreise in den Rondane Nationalpark
Am schnellsten gelangt Ihr in den Rondane Nationalpark, wenn Ihr nach Oslo fliegt und dann mit der Dovrebanen weiterreist. In der Ankunftshalle des Flughafen Oslo-Gardermoen (OSL), der rund 50 Kilometer außerhalb der norwegischen Hauptstadt liegt, haltet Ihr euch rechts und gelangt so schnell zur Bahnhaltestelle des Airports. Als Einstiegspunkte in den Rondane Nationalpark bieten sich dann die Bahnhaltepunkte Ringebu und Otta an.
Wer seine Rondane-Wanderung in Hjerkinn beendet, der hat dort ebenfalls Anschluss an die Dovrebanen. In Dombås kann man dann auch in die Raumabanen nach Åndalsnes umsteigen, um beispielsweise zum Geiranger-Fjord weiterzureisen. Damals verkehrte in den Sommermonaten auch ein Bus zwischen Dombås, Hjerkinn und Kongsvold (2016 täglich vom 18.06. bis 21.08. sowie Freitags bis Sonntags vom 26.08 bis 18.09.).
Tipp: Plant Eure Zugfahrten nicht zu knapp! Wir hatten auf der Hin- und Rückfahrt das Vergnügen, in einen Schienenersatzverkehr umsteigen zu müssen. Die Organisation derartiger Busfahrten verläuft zwar völlig unproblematisch, dauert aber. So waren bei unserer Rückreise doch einige Touristen an Bord, die aufgrund zu knapp bemessener Umstiegszeiten ihren Heimflug verpasst haben.
Beste Reisezeit für eine Wanderung
Der Rondane Nationalpark gilt als Schönwettergebiet und Hjerkinn zählt sogar zu den niederschlagsärmsten Orten des Landes. Trotzdem ist auch hier das Wetter typisch norwegisch – inklusive plötzlicher Wetterstürze.
Da im Frühjahr noch jede Menge Schnee liegt und der Juli der regenreichste Monat ist, bietet sich vor allem der August für eine Wanderung an. Ab September wird es schon wieder empfindlich kalt. Spätestens dann empfiehlt es sich auch – entgegen allen Prinzipien des Ultraleicht-Wanderns – eine Thermoskanne mitzunehmen, denn ein heißer Tee verhindert bei Pausen das Auskühlen des Körpers.
Buchtipp
Norwegen: Rondane
von Tonia Körner
ISBN 978-3-86686627-0
Bislang gibt es nur wenig deutsche Wanderliteratur zu den norwegischen Nationalparks Rondane und Dovrefjell-Sunndalsfjella. Wir hatten auf unserer Tour im August 2013 nur für den Rondane-Abschnitt unserer Wanderung ein entsprechendes Buch mit dabei. Tonia Körner beschreibt darin drei längere Touren durch den Nationalpark, deren 20 Teilabschnitte sich miteinander kombinieren lassen. Inzwischen hat auch der Bergverlag Rother mit „Norwegen: Jotunheimen – Rondane“ einen Wanderführer im Programm, der 52 Touren in der Region beschreibt.
Linktipp
- nasjonalparkriket.no – Infoseite der National Park Region
- dnt.no – Wanderverein Den Norske Turistforening (DNT)
Hallo Stefan,
vielen Dank für diesen sehr schönen Bericht. Für mich als Trekking Einsteiger ist das sehr hilfreich. Die Rondane wird ja oftmals für Trekking Einsteiger empfohlen. Mich würde interessieren ob du diese Meinung teilen kannst und ob es im September noch gut möglich ist eine Rondane Tour zu starten … aus der Perspektive eines Anfängers. Für wie viele Tage sollte man Proviant mitnehmen (Wasser) wenn man von Otta startet. Reicht Proviant für 4-5 Tage wenn man sich Zeit lassen möchte? Viele Fragen, aber vielleicht hast du ja Lust ein paar Zeilen mir zu schreiben.
Bodo
Hallo Bodo,
zur Reisezeit September kann ich Dir aus eigener Erfahrung für dieses Gebiet leider nichts berichten. Allerdings sind bis zum nördlichsten Lappland hinauf zu dieser Jahreszeit noch recht viele Wanderer in Skandinavien unterwegs. Du musst halt definitiv mit Nachtfrost und ersten Schneefällen rechnen. Wasser dürfte insofern keinerlei Problem sein – wir haben da oben aus Fliessgewässern alles unbehandelt getrunken. Von Otta bis zum Bahnanschluss in Hjerkinn wird Proviant für 4 oder 5 Tage locker reichen. Zur Not dürftest Du auch an den bewirtschafteten DNT-Hütten im Rondane NP problemlos etwas zu Essen bekommen.
Stefan
Hallo Stefan,
hast du vielleicht für einen Einsteiger alternativ noch eine Trekking Idee. Hardangervidda wäre ja auch sehr sehr interessant, scheint aber noch anspruchsvoller zu sein vom Terrain her.
Und sollte ich das Wasser immer vorher abkochen, oder ist es immer so gut das man es einfach trinken kann.
Bodo
Hallo Bodo,
das Rondane-Gebiet ist prinzipiell schon für Einsteiger geeignet – aber vielleicht eher in den Sommermonaten. Such Dir doch einfach etwas aus, das deutlich südlicher liegt. Selbst in Deutschland kannst Du kurze Trekking-Touren machen …
Stefan
Ach ja, ich komm mit der Kälte ganz gut klar. Bin immer froh wenn es nicht mehr so warm ist. Was mir eher Kopfzerbrechen bereitet sind die lästigen Mückenschwärme die es ja so umfangreich in Skandinavien geben soll. Ich weiß nicht ob es in der Rondane weniger von den Biestern hat als anderswo.
Deutschland ist jetzt nicht so mein Traumziel, Skandinvien sollte es schon mal sein.
Aber du hast schon recht, weiter südlicher könnte ich ja auch mal schauen.
Danke
Bodo
Naja, mit Mücken hast Du im September bestimmt keine Probleme – die verschwinden spätestens mit dem ersten Frost. Denk aber auch daran, dass die Orientierung in einer verschneiten Landschaft deutlich schwieriger ist …
Stefan