Sonnenschutz beim Wandern? Outdoor-Helden haben doch durchtrainierte Körper und ein sonnengegerbtes Gesicht! Mag sein, doch dann haben sie auch ein erhöhtes Krebsrisiko und das falsche Bekleidungskonzept! Unsere Tipps gegen die Überdosis Sonne beim Wandern.
Sonnenschutz ist beim Ultraleicht-Trekking und langen Wanderungen wichtiger als ein Erste-Hilfe-Set. Verstauchungen oder Abschürfungen sind zwar keine Seltenheit. Eine der häufigsten Verletzungen beim Wandern ist aber der Sonnenbrand. Das Risiko der Überdosis Sonne steigt von Jahr zu Jahr, denn ein Hitzesommer jagt den nächsten. Und es steigt mit jedem Höhenmeter! Durch dünnere Luft nimmt die Strahlung im Gebirge nämlich um bis zu 20 Prozent pro 1000 Höhenmeter zu.
Das Sonnenschutz-ABC für Wanderer ist relativ einfach: Ausweichen, Bekleiden, Cremen. Oder etwas ausführlicher: Wähle eine schattige Route, zieh lange Klamotten an und creme den Rest ein! Dabei versuchen wir den größten Teil unseres Sonnenschutzes mit Kleidung abzudecken – das hat sich Jahrhunderte lang bewährt, ist der einfachste Schutz und auf Dauer auch die leichteste Lösung. Fangen wir gleich mal oben an, mit dem Sonnenschutz für Nacken, Ohren, Stirn, Scheitel und Glatze …
Der leichteste Wanderhut: Running-Cap als Sonnenschutz
Der mit Abstand leichteste Sonnenschutz für Stirn, Scheitel und Glatze ist eine einfache Schirmmütze als Kopfbedeckung. Der große Vorteil derartiger Caps ist, dass sie nicht nur den Kopf vor direkter Sonneneinstrahlung schützen, sondern auch ein wenig Schatten im Gesicht spenden. So wirst du bei deinen Wanderungen deutlich weniger geblendet und kannst auf der ein oder anderen Tour auch mal auf eine zusätzliche Sonnenbrille verzichten.
Nachteile: Die meisten Caps sind nur als „One size fits all“ Modelle verfügbar, die sich nicht unbedingt für jede Kopfgröße und Kopfform eignen. Zudem bleiben die Ohren und der Nacken unbedeckt – im Notfall hilft hier aber ein zusätzliches Schlauchtuch.
Die leichtesten Schirmmützen findest du in der Laufabteilung als Running-Caps. Diese Laufcaps haben ein Schweißband eingenäht, so dass dir der Schweiß nicht in die Augen läuft. Mesh-Einsätze sorgen zudem für eine bessere Belüftung. Wir sind seit Jahren mit dem Capo Ultra Light Pocket-Cap (23 g, UPF 40) unterwegs, das aber kaum noch aufzutreiben ist. Ähnlich leicht sind die Patagonia Airdini Cap (24 g, keine UPF-Angabe), die Buff Pack Trek Cap (28 g, UPF 50+) oder die Chaskee Reversible Cap (40 g, UPF 80).
Die luftigste Lösung: Visor mit großem Sonnenschild
Im Herbst, wenn die Sonne schon tiefer steht, ist mir der Schirm der Running-Caps oft zu klein. Angenehmer finde ich dann einen Visor, wie ihn Tennis- oder Golfspieler nutzen. Wenn die Sonnenbrandgefahr nicht mehr so hoch ist, sorgt dieser größere Sonnenschild ohne Kopfbedeckung zudem für eine bessere Frischluftzufuhr. Das zahlt sich auch im Regen aus, wenn du den Visor als zusätzlichen Nässeschutz unter der Kapuze der Regenjacke trägst.
Bewährt hat sich bei uns der Aero Visor von Sunday Afternoons (46 g, UPF 50+). Dieser perfekt verarbeitete Sonnenschild hält durch den breiten Schirm auch seitlich einfallende Sonnenstrahlen gut ab. Eine Sonnenbrille, die man hier in den seitlich eingearbeiteten Schlitzen des „Sunglass Lock“ parken kann, wird dadurch (zumindest im Herbst) im Grunde überflüssig.
Überaus pfiffig ist auch das „Clamshell Brim“: Der starre Hutschirm ist mittig faltbar, so dass sich der Visor einfacher und kompakter verstauen lässt. Brennt die Sonne doch mal stärker als erwartet, kommt ein Schlauchtuch als Kopfbedeckung und Nackenschutz unter den Visor.
LSF: Sonnenschutzmittel bewerten
Der Lichtschutzfaktor (LSF) dient der Beurteilung von Sonnencremes oder Sonnensprays zum Schutz vor UV-B-Strahlen. Der LSF-Wert (oder SPF für „sun protection factor“) zeigt dir, um welchen Faktor sich der individuelle Selbstschutz der Haut verlängert. Die Frage ist nur: Wie hoch ist der Selbstschutz deiner Haut? Grob kannst Du dich an folgender Einteilung orientieren:
- Hauttyp 1: Rotblondes Haar, helle Augen, sehr heller Teint, viele Sommersprossen. Selbstschutz: 3 bis 10 Minuten
- Hauttyp 2: Blondes Haar, helle Augen, heller Teint, oft Sommersprossen. Selbstschutz: 10 bis 20 Minuten
- Hauttyp 3: Dunkelblondes bis braunes Haar, mittlerer Teint, helle oder dunkle Augen. Selbstschutz: 20 bis 30 Minuten
- Hauttyp 4: Dunkelbraunes oder schwarzes Haar, dunkler Teint, dunkle Augen. Selbstschutz: ca. 45 Minuten
Nehmen wir an, du kannst fünfzehn Minuten in der Sonne bleiben, ohne einen Sonnenbrand zu bekommen. Benutzt du nun ein Sonnenschutzmittel mit LSF 30, könntest du theoretisch 15 * 30 = 450 Minuten draußen bleiben. Das Bundesamt für Strahlenschutz empfiehlt allerdings, diese theoretische Schutzdauer höchstens zu 60 Prozent auszuschöpfen. Zudem solltest du die Sonnencreme 20 bis 30 Minuten vor der Wanderung auftragen, damit der Schutz vollständig besteht.
Der komfortabelste Sonnenschutz: Wanderhut mit Nackenschutz
An besonders heißen Tagen oder in richtig sonnigen Wanderregionen nutzen wir inzwischen einen Trekking-Hut mit breiter Krempe. Auf dem Bibbulmun Track in Australien haben wir noch ein Running-Cap mit Schlauchtuch als Sonnenschutz verwendet. Aber auf Dauer kann man mit dieser Kombination froh sein, wenn man keinen Hitzeschlag bekommt.
Ist ein umfassender Sonnenschutz mit optimaler Frischluftzufuhr gefragt, dann führt kein Weg an einem Sonnenhut mit breiter Krempe und Nackenschutz vorbei. Selbst im Vergleich zu den etwas leichteren Schirmmützen mit Nackenschutz ist die Belüftung bei einem Hut deutlich besser.
Den Ultra Adventure Hat von Sunday Afternoons (74 g, UPF 50+) hatten wir schon mehrfach im Einsatz. Der Hut ist zwar dreimal so schwer wie ein Running-Cap, bietet dafür aber einen ausgezeichneten Rundumschutz. Die mittig faltbare Hutkrempe („Reverse Split Brim“) reicht mit 8,5 cm Länge selbst für große Nasen und der Nackenschutz ist mit rund 15 cm lang genug.
Der Hutkörper verfügt über ein Schweißband und wird durch seitliche Mesh-Einsätze gut belüftet. Ebenso wie der Aero Visor hat auch der Ultra Adventure Hat einen „Sunglass Lock“ zum Parken der Brille. Praktisch: Die Größenverstellung über eine Schnalle am hinteren Hutkörper funktioniert so gut, dass wir – trotz sehr unterschiedlicher Hutgrößen – zumindest bei wenig Wind auch mal die Hüte tauschen können. Auf den Bilder erkennt man allerdings schon, dass Größe L/XL für Susi ein wenig überdimensioniert ist.
Bekleidung: T-Shirt und Armlinge statt Wanderhemd
Ein Longsleeve, das die Arme bedeckt, ist der beste Sonnenschutz. Komfortabler und luftiger ist ein langärmeliges Wanderhemd. Wir setzen aber auf ein anderes Bekleidungskonzept und kombinieren ein Funktionsshirt (Shortsleeve) mit Armlingen, wie man sie aus dem Radsport kennt. Das bietet uns deutlich mehr Flexibilität: Die Armlinge lassen sich auch mit dem Ersatz-Shirt kombinieren und bei weniger Sonne bleiben sie einfach im Rucksack.
Die Spectrum Sun Sleeves von Outdoor Research, nun unter der Bezeichnung ActiveIce Sun Sleeves (38 g, UPF 50+) erhältlich, hatten wir erstmals auf dem Fishermen’s Trail und der Rota Vicentina in Portugal im Einsatz. Inzwischen konnten wir auch die UVShield Cool Sleeves von Sunday Afternoons (44 g, UPF 50+) ausgiebig testen, die es mit oder ohne Handrückenabdeckung gibt. Ihre Funktion erfüllen all diese Modelle und da die Armlinge hautnah anliegen wirken sie sogar etwas kühlend. Kaufentscheidend ist eher, ob du eine Handrückenabdeckung wünscht und wie diese gestaltet sein soll. Bei Outdoor Research bleibt der Daumen, der einfach durch einen Schlitz gesteckt wird, ungeschützt. Bei Sunday Afternoons ist der Daumen ebenfalls geschützt.
Tipp: Die Größenangaben der Armlinge (S/M oder L/XL) sind relativ unzuverlässig. Die UVShield Cool Sleeves ohne Handrücken fielen bei uns beispielsweise größer (und auch schwerer) aus als das gleiche Modell mit Handrücken. Deshalb: Am besten Anprobieren, um Fehlkäufe zu vermeiden!
Und was ist mit den Beinen? Na, lang und leicht sollte deine Wanderhose halt sein. Das schützt dich nicht nur vor Sonne sondern auch vor Zecken. Ein Ultraleicht-Preistipp ist hier beispielsweise die Wanderhose MH100 von Decathlon (230 g), die es unter der Modellbezeichnung MH150 auch als Zip-Off-Hose gibt (260 g). Einziges Manko aus unserer Sicht: Die Einschubtaschen sind nicht durch Reißverschlüsse gesichert.
UPF: Textiler Sonnenschutz
Der Ultraviolet Protection Factor (UPF) gibt an, um wie viel länger du dich mit einer speziellen UV-Schutzkleidung in der Sonne aufhalten kannst. Der UV-Standard 801, der auch Messungen am nassen, gedehnten Textil berücksichtigt, definiert damit quasi einen Lichtschutzfaktor für einen textilen Sonnenschutz. Auch hier ist die Eigenschutzzeit der Haut die Basis aller Berechnungen.
Wie hoch der Sonnenschutz von Textilien ist, hängt übrigens von der Gewebeart und -dichte ab. Faustregel: je dunkler und dichter gewebt, desto besser. Aber auch mit UV-Schutzkleidung musst du ungeschützte Haut weiterhin eincremen, um einen umfassenden Schutz zu erreichen.
Und warum nun Stoff statt Creme?
Weil’s leichter ist! Laut Stiftung Warentest gilt bei Sonnencreme: klotzen statt kleckern. Eine 1,80 Meter große Person benötigt demnach rund 40 Milliliter Sonnencreme für den ganzen Körper. Wer in Shorts und T-Shirt wandert, benötigt für Kopf und Hals, die Arme sowie Unterschenkel und Oberschenkelansatz rund die Hälfte, also gut 20 Gramm.
An einem langen, sonnigen Wandertag dürften die meisten aber selbst bei einer LSF-50-Sonnecreme nicht mit einer Anwendung auskommen. Dann ist Nachschmieren angesagt und weitere 20 Gramm Creme sind fällig. Das erscheint Dir zu viel? Du bist schon vorgebräunt und brauchst keine Sonnencreme? Laut der Techniker Krankenkasse steigert gebräunte Haut zwar den Selbstschutz, doch bei einem mittleren Hauttyp lässt sich der eigene Lichtschutzfaktor maximal um den Faktor 3 bis 4 steigern. Deshalb raten Experten dazu, sich in unseren Breitengraden von März bis Oktober stets einzucremen.
Bei einer Mehrtagestour kommen dabei aber schnell mehrere 100 Gramm für Sonnencreme zusammen. Hältst du dich hingegen bedeckt, kommst du mit deutlich weniger Sonnenmilch aus und musst höchstens Kopf, Hals und Hände eincremen. Dafür reichen dann schon ein paar Milliliter pro Anwendung. Und welche Sonnencreme solltest nehmen? Nimm eine Milch mit hohem Lichtschutzfaktor, also mindestens LSF 50. Das erspart dir nochmals ein paar Gramm und reduziert lästiges Nachschmieren.
Link-Tipps
- verbraucherzentrale.de – Tipps zur Sonnenschutzkleidung
- bfs.de – Alles rund um den Schutz vor UV-Strahlung
- baua.de – Schutzkomponenten bei solarer UV-Exposition
Ich schwöre ja auf einen richtig breitkrempigen Hut, sowohl gegen die Sonne, als auch gegen Regen, Schnee und Hagel:
https://andreas-moser.blog/2015/12/31/hut/
„Auf dem Bibbulmun Track in Australien haben wir noch ein Running-Cap mit Schlauchtuch als Sonnenschutz verwendet.“
Warum nicht das nehmen, was doch seit Generationen von den Australiern geschätzt wird:
Akubra-Hüte!
Ich liebe meinen Akubra. Der ist auch bei sengender Hitze noch angenehm zu tragen. Manche Modelle (z.B. Riverina) haben eine Krempe von 10 cm Breite.
Hallo Bernhard,
ein Akubra Riverina ist sicher ein schöner Hut, aber auch sicher viel zu schwer für eine 1000km-Wanderung wie den Bibbulmun Track. Selbst die Australier waren auf diesem Weg nicht mit derartigen Hüten unterwegs. Zudem lässt sich das Schlauchtuch auch anderweitig verwenden (Stichwort Multi-Use). Für (Langstrecken-) Wanderungen gilt es halt eine möglichst leichte und flexible Lösung zu finden.
LG Stefan