Westweg – Von Pforzheim zur Unterstmatt wandern

Auf dem Westweg gibt’s kein lockeres Einlaufen. Pforzheim begrüßt uns mit spätsommerlicher Hitze und so kommen wir schnell ins Schwitzen. Nach den ersten Höhen des Nordschwarzwaldes wandern wir steil hinab ins verhexte Murgtal und prompt wieder hinauf zur Badener Höhe.

Die Enz in der Innenstadt von Pforzheim
Die Enz in der Innenstadt von Pforzheim

Der Westweg stand schon länger auf unserer Bucket-List. Irgendwie gehört der Schwarzwald-Klassiker für Fernwanderer ja fast schon zum Pflichtprogramm. Pünktlich zum 120-Jahre-Jubiläum des Westwegs hatten wir unseren Thru-Hike von Pforzheim bis Basel schon vor den weltweiten Corona-Wirren fest eingeplant.

Anhand von Klimatabellen fiel die Wahl auf den Spätsommer, denn der September ist der vermeintlich trockenste Monat in den Hochlagen des Schwarzwalds. Die Rechnung ist voll aufgegangen: Der Start in Pforzheim fiel mit Temperaturen von über 30 Grad heißer aus als erwartet und abgesehen von ein paar verirrten Regentropfen konnten wir die gut 300 Kilometer bis Basel tatsächlich trockenen Fußes erwandern.

Uhr im Schmuckmuseum Pforzheim
Uhr im Schmuckmuseum Pforzheim

Die Anreise und ein kleiner Rundgang durch Pforzheim

Den Anreisetag – die Fahrt mit dem IC dauert ab München gerade einmal drei Stunden – haben wir für einen Bummel durch Pforzheim genutzt. Stadtbummel durch Pforzheim? Pforzheim ist doch so hässlich!? Mag sein, der einstige Glanz der Goldstadt lässt sich nur noch erahnen. Das alte Pforzheim verschwand schließlich vor 75 Jahren bei den Luftangriffen im Februar 1945.

Uns hat der Rundgang trotzdem Spaß gemacht! Auf dem historischen Stadtspaziergang ging es zunächst am Bezirksamtsturm und der Schlosskirche vorbei durch das – in der Tat nicht so sehenswerte – Zentrum der Stadt. Am Zusammenfluss von Nagold und Enz zeigt sich Pforzheim aber schon von seiner netten Seite und im Park am Schmuckmuseum wird es sogar richtig idyllisch.

Liste   

Information
Schaltfläche oder Kartenelement anklicken um weitere Informationen anzuzeigen.
Lf Hiker | E.Pointal contributor

Westweg – Etappe 1 bis 3   

Profil

50 100 150 200 5 10 15 Entfernung (km) Höhe (m)
Keine Höhendaten
Name: Keine Daten
Entfernung: Keine Daten
Minimale Höhe: Keine Daten
Maximale Höhe: Keine Daten
Höhenmeter (aufwärts): Keine Daten
Höhenmeter (abwärts): Keine Daten
Dauer: Keine Daten

Wir laufen bis Kupferhammer – sehen dabei sogar einen Fischreiher – essen im Biergarten zu Mittag und schauen uns schon einmal an, wo es morgen losgehen soll. Direkt nebenan beginnen an der Goldenen Pforte Pforzheim nämlich die drei großen Schwarzwald-Höhenwege: Westweg, Mittelweg und Ostweg.

Auf dem Weg zurück in die Innenstadt wollen wir noch die wichtigsten Museen der Stadt besuchen. Das Technische Museum der Pforzheimer Schmuck- und Uhrenindustrie im hübschen Gebäude der ehemaligen Schmuckfabrik Kollmar & Jourdan hat corona-bedingt geschlossen. Im nahen Schmuckmuseum haben wir dann aber mehr Glück. Und bevor wir unsere Unterkunft im Europa Hotel Garni aufsuchen gibt’s im Biergarten von Lehners Wirtshaus am Bahnhof sogar noch ein IPA-Bier vom Brauhaus Pforzheim.

Von Pforzheim zum Volzemer Stein bei Dobel (Westweg Etappe 1)

Wegweiser zu den Höhenwegen des Schwarzwaldvereins
Die Höhenwege des Schwarzwaldvereins

Der Westweg-Start verzögert sich am nächsten Morgen ein wenig. Für den Check-out braucht die Hotelrezeption unsere Voucher. In den Reiseunterlagen von Original Landreisen, die unsere Westweg-Unterkünfte organisiert haben, finden sich diese aber nicht. Dann dämmert es mir: Da kam was per Email! Wir leiten die Mail weiter, die Dame an der Rezeption druckt sie aus und so sind wir nun gewappnet für alle folgenden Übernachtungen. Besten Dank für die unkomplizierte Hilfe!

Wir verzichten auf den Bus zum Kupferhammer (Linie 4/41/42) und laufen stattdessen erneut über die Goldschmiedemeile zum Beginn des Westwegs. Die silberne Linie vor der Goldenen Pforte Pforzheim zeigt uns noch einmal den Verlauf des Westwegs (also alles, was uns auf den kommenden 13 Etappen bevorsteht) und dann geht es auch endlich los.

Westweg-Portal: Die goldene Pforte Pforzheim
Westweg-Portal: Die goldene Pforte Pforzheim

Nach einem kurzen Aufstieg wandern wir auf dem Kuhweg zur Ruine Hoheneck und dann weiter auf netten Waldwegen Richtung Dillweißenstein. Dort wechseln wir über die Steinerne Brücke auf die andere Seite der Nagold, wandern hinauf zum Sonnenberg und lassen auf dem Weg zum Unteren Enzsteg die Stadt so langsam hinter uns.

Im Enztal nutzt der Westweg für einige Zeit die breite Trasse des Enztalradwegs. Am Wochenende sind hier doch einige Radler unterwegs und auf der anderen Uferseite sorgen die B294 und die Enztalbahn für ein wenig Lärm.

Blick von der Steinernen Brücke in Dillweißenstein
Blick von der Steinernen Brücke in Dillweißenstein

Ganz ohne nasse Füße geht es über die Grösselbach-Furt, denn hier bilden Trittsteine eine Pfahlbrücke. Gut einen Kilometer weiter beginnt der Aufstieg zum Schloss Neuenbürg. Über den Bergrücken östlich der Anlage erreichen wir zunächst die idyllische „Hintere Burg“, ein als Vorwerk erbautes Kastell.

Am Schlossgarten entlang gelangen wir zum eigentlichen Schloss, in dessen Innenhof wir kurz Rast machen. Für einen Besuch des Museums mit der Inszenierung des Schwarzwald-Märchens Das Kalte Herz bleibt angesichts der gut 28 Kilometer langen Etappe allerdings nicht genug Zeit.

Das hintere Schloss in Neuenbürg
Das hintere Schloss in Neuenbürg

Also laufen wir durch das ehemalige Torwärterhäuschen Richtung Stadt und besichtigen auf dem Weg hinab noch die St. Georgskirche am alten Friedhof. Am Marktplatz und den Fachwerkshäusern der Bergwerksstadt Neuenbürg vorbei geht es über die Enz und dann wieder steil hinauf zum Ziegelrain.

Irgendwo interpretieren wir nun wohl eine der roten Westweg-Rauten nicht ganz richtig. So kommen wir zwar noch am wohl schönsten Ausblick auf Schloss Neuenbürg vorbei, landen aber fast wieder im Enztal. Zurücklaufen? Nein, wir folgen einfach der blauen Raute! Die führt uns hier auf einem der regionalen Wanderwege ebenfalls zur Schwanner Warte.

Durch die Altstadt der Stadt Neuenbürg
Westweg: Durch die Altstadt der Stadt Neuenbürg

An der Schwanner Warte, einem gerade mal dreizehn Meter hohen Aussichtsturm des Schwarzwaldvereins, beginnt der Schwarzwald im Grunde erst so richtig. Und: Bei schönen Wetter ist hier am Wochenende wirklich was los!

Auf dem kleinen Holzturm ist es zwar noch recht ruhig, aber an den Restaurants und dem Bratwurststand unter der historischen Friedenslinde geht es zu wie auf dem Jahrmarkt. Wir legen deshalb nur einen kleinen Zwischenstopp ein, gönnen uns eine Schorle und machen uns dann wieder auf den Weg.

Westweg: Der Aussichtsturm „Schwanner Warte“
Westweg: Der Aussichtsturm „Schwanner Warte“

Nun tauchen wir endgültig ein in die Tannenwälder des Nordschwarzwalds. Auf breiten Waldwegen geht es am Naturschutzgebiet Herzogswiesen vorbei nach Dennach und dann weiter Richtung Dobel, dem Ziel der ersten Etappe.

Direkt am Wegesrand gibt es dann sogar ein wenig „Trail Magic“. Die Corona-Zeit mit ihren Ausgangsbeschränkungen hat hier wohl einige zum Basteln animiert und so schmücken bemalte Steine und kleine Waldwichtel unseren Weg.

Westweg: Waldweg zwischen Schwanner Warte und Dobel
Westweg: Waldweg zwischen Schwanner Warte und Dobel

Kurz vor Dobel erreichen wir noch die (nicht bemalten) Volzemer Steine oder Champagnersteine. Die 100 Meter breite und bis zu 10 Meter hohe Blockhalde ist durch Verwitterung entstanden und diente einst als Steinbruch. Inzwischen ist die Felsformation aber schon lange als Naturdenkmal ausgewiesen.

Der „Große Volzemer Stein“ liegt direkt am Westweg. Wir gönnen uns aber auch noch einen Abstecher zum „Kleinen Volzemer Stein“, der etwas versteckt im Wald liegt. Diese Felswand ist wenige Meter weiter über einen Pfad links des Westwegs zu erreichen.

Westweg: Naturdenkmal Volzemer Steine
Westweg: Naturdenkmal Volzemer Steine

Dann geht es aber schnurstracks nach Dobel. Der heilklimatische Kurort liegt auf einem Hochplateau und markiert das Ende der ersten Westweg-Etappe. Als wir in unserer Unterkunft, der Hotel Pension Heidi, ankommen gibt’s gleich noch eine schlechte Nachricht: Zu Essen gibt’s in Dobel nichts mehr.

Doch die gute Nachricht folgt sogleich: Die Pensionswirtin erbarmt sich ihrer Westweg-Wanderer und kocht extra für uns auf. Als Notlösung hätten wir Kartoffelsalat mit Wurst erwartet, doch bei einem schönen Glas Wein erwartet uns tatsächlich noch ein richtig tolles Drei-Gänge-Menü. Fazit: Klasse Service und wahrscheinlich besser als im Gasthaus!

Westweg: Holzstatue kurz vor Dobel
Westweg: Holzstatue kurz vor Dobel

Von Dobel zu den Hexen im Murgtal bei Forbach (Westweg Etappe 2)

Westweg-Portal: Das Sonnentor in Dobel
Westweg-Portal: Das Sonnentor in Dobel

Der Start am nächsten Morgen verzögert sich ein wenig und das liegt nicht nur am fantastischen Frühstück („Packt Euch doch noch eine Brotzeit ein!“). Eine Lokalreporterin ist vor Ort und interviewt reihum alle Westweg-Wanderer anlässlich des Jubiläums 120 Jahre Westweg. Bis zum Sonnentor Dobel begleitet sie uns auch noch. Nach einer kleinen Foto-Session und dem obligatorischen Stempeln am Westweg-Portal geht es dann aber endlich los.

Insgesamt gibt es übrigens 12 Westweg-Portale und jedes dieser Tore hat einen spezifischen Stempel. Damit sammeln wir auf unseren Westweg Stempelkarten Reiseerinnerungen an unsere Tour. Und wer neun Stempel zusammen hat, erhält auch noch ein kleines Geschenk zur Erinnerung.

Westweg: Der alte Wasserturm, das Wahrzeichen von Dobel
Westweg: Der alte Wasserturm, das Wahrzeichen von Dobel

Vom Sonnentor geht es zunächst hinauf zum alten Wasserturm, dem Wahrzeichen von Dobel, der in 24 Metern Höhe auch über eine Aussichtskanzel verfügt. Wenige Schritte weiter tauchen wir dann wieder in den Wald ein und laufen mal auf schmaleren Pfaden, meist aber auf breiteren Wegen stetig, aber sanft ansteigend bergauf.

Erst auf dem Hahnenfalzweg wird es wieder flacher. Jetzt folgt ein Aussichtspunkt dem nächsten und der Blick von der Schweizerkopfhütte hoch über dem Albtal ist einfach traumhaft. Unten liegt Bad Herrenalb und die Aussicht reicht bis zum Murg- und Rheintal. Das war übrigens nicht immer so: Erst Orkan Lothar hat hier 1999 reihenweise die Bäume umgehauen.

Westweg: Aufstieg am Lerchenkopf bei Dobel
Westweg: Aufstieg am Lerchenkopf bei Dobel

Es folgen noch einige Panoramaaussichten bis uns ein steiniger Pfad zur Hahnenfalzhütte führt (Toilette, Brunnen trocken). Nach einer kurzen Pause geht es pfadig und steil bergauf weiter. Dann kommen wir erneut auf einen Forstweg, dem wir bis zu Langmartshütte folgen (Schlafboden).

Einmal rechts abbiegen, einmal links abbiegen – schon kommen wir auf einen weniger schönen Wegabschnitt. Rund zwei Kilometer geht es nun in der prallen Sonne und auf grobem Schotter weiter. Aber: Dies bleibt bis Basel die einzige Schotterstrecke. Und: Die Aussicht ist immer noch klasse!

Westweg: Der Abstieg nach Kaltenbronn
Westweg: Der Abstieg nach Kaltenbronn

Ab der Kreuzlehütte wird der Weg wieder angenehmer. Was bleibt ist die Hitze, die uns inzwischen mehr als 30 °C beschert. Durstig kommen wir nach einem kleinen Abstieg an der Häusergruppe Kaltenbronn an. Aber: Es ist Montag und der Biergarten des Hotel Sarbacher ist geschlossen!

Also machen wir einen Abstecher zum Infozentrum Kaltenbronn. Das Natur-Museum hat zwar auch nur von Mittwoch bis Sonntag geöffnet, doch immerhin stehen hier die Toiletten offen. Wir nutzen den Schatten der Veranda für eine kurze Verschnaufpause und füllen noch einmal unsere Wasserflaschen.

Westweg: Kurzer Zwischenstopp am Großen Hohlohsee
Westweg: Kurzer Zwischenstopp am Großen Hohlohsee

Die kurze Erholung verpufft allerdings schnell, denn hinter dem Skihang geht es am Kegelbach noch einmal steil bergauf zum Hochmoorkolk Großer Hohlohsee. Bretterbohlen führen uns nun durch die urwüchsige und stille Hochmoorlandschaft im Naturschutzgebiet Kaltenbronn.

Mit Glück sieht man hier auch mal eine Kreuzotter, die in ihrer schwarzen Variante auch „Höllenotter“ genannt wird. Wir haben nicht dieses Glück und so geht es weiter zum Hohloh, dem Gipfel des Hochplateaus. Dort gönnen wir uns im Schatten des 28,6 Meter hohen Hohlohturms erneut eine Pause.

Westweg: Der Hohlohturm im Naturschutzgebiet Kaltenbronn (984 m.ü.NN)
Westweg: Der Hohlohturm im Naturschutzgebiet Kaltenbronn (984 m.ü.NN)

Dann geht es nur noch abwärts und am Hohen Draberg (965 m ü. NHN) sehen wir erstmals, wie weit und steil es hinab geht. Bis ins Murgtal sind es satte 700 Meter Höhenunterschied. Sollten wir vielleicht doch auf dem Hexenbesen hinabfliegen, der neben an der Draberg-Hütte bereitsteht?

Nein, denn dann würden wir ja den Latschigfelsen verpassen, wo der Westweg auf die Murgleiter trifft. Der als Geotop ausgewiesene Felsvorsprung mit Aussichtspavillon bietet einen herrlichen Blick ins Murgtal, der bis zur Rheinebene reicht. Wenige Meter weiter gelangen wir über einen Pfad zu einer weiteren Topaussicht, dem kleinen Latschigfelsen mit seinem Gipfelkreuz.

Westweg: Der Latschigfelsen nordöstlich von Forbach
Westweg: Der Latschigfelsen nordöstlich von Forbach

In Serpentinen und über Steine und Baumwurzeln geht es die nächsten 2,5 Kilometer nun 350 Höhenmeter bergab. Hier holen wir auch mal die Trekking-Stöcke raus. Da der Weg aber trocken und recht gut zu laufen ist, werden sie doch wieder verstaut und bleiben letztlich bis Basel ungenutzt im Rucksack.

Der steile Pfad endet bei den Heuhütten im Kauersbachtal. Die kleinen Holzhütten erinnern uns ein wenig an die Alpen. Und in der Tat brachten wohl Einwanderer aus Tirol deren Bauweise nach dem 30-jährigen Krieg ins Murgtal.

Westweg: Heuhütten im Gausbach-Tal bei Forbach
Westweg: Heuhütten im Gausbach-Tal bei Forbach

Wenige Meter entfernt liegt der Hexenstein auf der Ringwiese. Hier tanzten angeblich einst die Hexen. An entsprechende Überlieferungen erinnert uns zumindest der Forbacher Bildhauer Rüdiger Seidt, der auf dem Granitbrocken einen eisernen Hexenbesen installiert hat. Verhext geht es auch gleich weiter, denn direkt nebenan steht am Gausbach noch der Hexenbrunnen …

Es folgt ein letzter Anstieg und dann geht es auf einem Panoramaweg endgültig nach Forbach. Kurz vor dem Bahnhof erreichen wir bereits das nächste Westweg-Portal. Am Murgtaltor sehen wir dann auch, was passiert, wenn man den Abstieg nach Forbach mit dem Hexenbesen umgeht: Eine Hexe ist direkt im Portal gekracht. Hintern und Besen schauen noch oben heraus, ein Rabe hockt obendrauf und die Hexe blickt aus dem rechten Torpfeiler.

Westweg: Die Hexe am Murgtaltor in Forbach
Westweg: Die Hexe am Murgtaltor in Forbach
Westweg-Portal: Das Murgtaltor in Forbach
Westweg-Portal: Das Murgtaltor in Forbach

Hinter dem Bahnhof versorgen wir uns im Supermarkt noch einmal mit Proviant. Auf den nächsten vier Etappen führt der Westweg nämlich fernab aller Ortschaften durch den Schwarzwald. Danach steht aber endlich das letzte Highlight des Tages an: die historische Holzbrücke nach Forbach hinein.

Die gedeckte (und befahrbare) Holzbrücke ist mit einer Spannweite von 37,8 Metern ohne Zwischenpfeiler einzigartig in Europa. Sie wurde 1778 hochwassersicher gebaut und bestand fast 200 Jahre. Nach Kriegsschäden durch französische Panzer wurde 1954/55 allerdings ein originalgetreuer Wiederaufbau nach alten Plänen erforderlich.

Bis zu unserer Unterkunft, dem ruhig gelegenen Hotel am Mühlbach, ist es nun nicht mehr weit. Der einzige Haken: Das Gasthaus um die Ecke hat Ruhetag und die anderen Restaurants liegen am Bahnhof. Diesen Weg wollen wir uns dann doch lieber sparen. Die Alternative: Wir versorgen uns im nahe gelegenen Imbiss mit Pizza & Kebap! Bier, Besteck und Geschirr gibt’s netterweise vom Hotel und gegessen wird draußen auf der Terrasse. Passt!

Von Forbach über die Badener Höhe zur Unterstmatt (Westweg Etappe 3)

Westweg: Die Marienkapelle in Forbach
Westweg: Die Marienkapelle in Forbach

Auch beim Frühstück am nächsten Morgen haben wir einen Tisch auf der Hotelterrasse ergattert. Corona-konform gibt es jede Menge Frischluft und First-Class-Service, denn alles wird an den Tisch gebracht. Um ganz ehrlich zu sein: Uns ist das im Grunde viel lieber als die morgendliche Rumrennerei am Frühstücksbuffet.

Für die dritte Etappe des Westwegs stehen heute nicht nur Temperaturen von 32 °C auf dem Programm, sondern auch rund 20 Kilometer und mehr als 1.000 Höhenmeter im Aufstieg. Das bekommen wir auch gleich beim Start zu spüren. Es geht steil bergauf und an der Maria-Hilf-Kapelle vorbei wandern wir stetig ansteigend und schon am frühen Morgen kräftig schwitzend zur Wegscheidhütte (745 m ü. NHN, Schlafboden).

Westweg: Nachtanken am Sankt-Johannes-Brunnen
Westweg: Nachtanken am Sankt-Johannes-Brunnen

Dann gönnt uns der Westweg eine kurze Verschnaufpause. Wir laufen leicht bergab und füllen am Sankt-Johannes-Brunnen noch einmal unsere Wasserflaschen. Bis zur Jägerloch-Hütte, von der man einen schönen Blick auf den Stausee der Schwarzenbach Talsperre hat, geht es recht gemächlich weiter.

Am Ufer entlang gelangen wir ins Seebachtal und folgen dem Bachlauf gut einen Kilometer auf Forstwegen. Dann beginnt der steile Pfad zum Herrenwieser See hinauf, der auf 830 m ü. NHN in einem 170 Meter tiefen Kar liegt. Aber es geht noch weiter hinauf. Der Steig führt uns über den Aussichtspunkt Zweiseenblick bis zum Seekopf (1001,8 m ü. NHN).

Westweg: Blick von der Jägerlochhütte auf die Schwarzenbach Talsperre
Westweg: Blick von der Jägerlochhütte auf die Schwarzenbach Talsperre

Auf dem Seekopf verweilen wir kurz, denn hier erinnert ein Gedenkstein an Philipp Bussemer (1855-1918). Der Wanderpionier sorgte zusammen mit Julius Kaufmann im Jahr 1900 für die durchgängige Markierung des ersten Schwarzwald-Höhenwegs – die Geburtsstunde des Westwegs!

Bussemer war übrigens auch an der Errichtung des Friedrichsturms beteiligt. Der 30 Meter hohe Aussichtsturm steht gut einen Kilometer weiter im Nationalpark Schwarzwald auf der Badener Höhe (1002,2 m ü. NHN). Bis zur unteren Aussichtsplattform des Turms sind es übrigens 35 Stufen, weitere 133 Stufen führen schließlich zum grandiosen Rundblick von der oberen Plattform.

Der Friedrichsturm ist der höchste Punkt Baden-Badens
Der Friedrichsturm ist der höchste Punkt Baden-Badens

Rund um den Friedrichsturm war die Badener Höhe früher übrigens dicht bewaldet. Erst in den 1990er Jahren haben Orkane wie Vivian, Wiebke und Lothar den Gipfelbereich leergefegt. An die verheerenden Schäden dieser Stürme erinnert auch eine kleine Infotafel auf dem Weg hinab zum Naturfreundehaus Badener Höhe, wo wir einen kurzen Zwischenstopp einlegen.

Nach einem alkoholfreien Weißbier geht es frisch gestärkt weiter. Auf einem breiten Forstweg gelangen wir nach Sand, wo wir an der Kapelle „Zum guten Hirten“ erstmals Bekanntschaft mit der Schwarzwaldhochstraße machen.

Westweg: Waldweg in der Nähe vom Herrenwieser Sattel
Westweg: Waldweg in der Nähe vom Herrenwieser Sattel

Die Panoramastraße von Baden-Baden nach Freudenstadt (B 500) mag für viele Schwarzwaldbesucher ein Muss sein. Allen Wanderern ist sie aber ein lärmendes Greuel. Zum Glück führt uns der Westweg durch Bäume geschützt heute nur bis zum Hundseck entlang der Schwarzwaldhochstraße.

Dann wird es wieder ruhiger. Der letzte Anstieg des Tages bringt uns auf Forstwegen zum Rastplatz „Hinterm Riesenköpfle“, wo wir noch einmal Panoramablicke vom Feinsten genießen. Schließlich führt uns ein kleiner Pfad zur Hochebene am Primmackerkopf (1035,7 m ü. NHN).

Westweg: Aussicht kurz hinter dem Rastplatz „Hinterm Riesenköpfle“
Westweg: Aussicht kurz hinter dem Rastplatz „Hinterm Riesenköpfle“

Auf schmalen Pfaden wandern wir nun über die erste Grinde am Westweg. Die fast baumfreie Hochmoor- und Heidelandschaft ist typisch für die Gipfellagen des Nordschwarzwalds. Uns erinnert die Hochebene sogar ein wenig an Wanderungen auf dem Kungsleden in Skandinavien.

Auf den weiteren Etappen werden wir noch häufiger durch Grinden wandern. Das sehr ursprüngliche und einsame Gebiet am Hochkopf (1038,5 m ü. NHN) hat uns allerdings besonders gut gefallen. Und am Gipfel können wir die spätsommerliche Sonne, die heute noch einmal so erbarmungslos gebrannt hat, schließlich doch noch ein wenig genießen.

Westweg: Grindenlandschaft am Hochkopf (1038,5 m)
Westweg: Grindenlandschaft am Hochkopf (1038,5 m)

Schließlich machen wir uns dann aber doch auf den Weg hinab zur Unterstmatt. Im Winter ist hier Skizirkus angesagt, doch jetzt geht es hier beschaulicher zu. Eine kleine Überraschung erwartet uns dann noch in unserer Unterkunft, der Hochkopfstub: „Hä? Sie hab’ ich doch gestern erwartet?“

Oh nein, so was hatten wir doch schon auf dem Steigerwald Panoramaweg! Aber alles kein Problem: Wir bekommen ein riesiges Zimmer, bringen schnell unsere kleinen Rucksäcke hinauf und wackeln dann mit unseren müden Beinen schnurstracks raus auf die Terrasse: Etappenbier mir Aussicht!

Westweg: Am Gipfel des Hochkopf
Westweg: Am Gipfel des Hochkopf

Die letzten Motorradfahrer sorgen auf der Schwarzwaldhochstraße noch für ein wenig Lärm, aber beim Abendessen legt sich auch das. Die ersten drei Etappen sind geschafft! Wir trinken genüsslich ein Bierchen (beziehungsweise einen Spätburgunder) und werfen schon mal einen Blick auf die stramme vierte Westweg-Etappe mit mehr als 30 Kilometern bis zur Alexanderschanze.

Steckbrief: Westweg Schwarzwald

Westweg Schwarzwald Logo

Den Westweg ist ein Mythos. Die von der Goldstadt Pforzheim nach Basel verlaufende Nord-Süd-Route wurde bereits im Jahr 1900 als Fernwanderweg angelegt. Der bekannteste Längsweg des Schwarzwaldvereins ist damit – abgesehen von Pilger- und Rennwegen – der wohl älteste Weitwanderweg Deutschlands. Die rote Raute auf weißem Grund – das Wegzeichen des Klassikers durch Deutschlands höchstes Mittelgebirge – führt Wanderer über rund 285 Kilometer und 10.000 Höhenmeter .

Der meist in 11 bis 13 Etappen begangene Westweg durchquert die Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord und Südschwarzwald, den Nationalpark Schwarzwald sowie das UNESCO Biosphärengebiet Schwarzwald. Am Titisee gabelt sich der Weg in eine West- und Ostvariante. Auf der klassischen Westroute geht es über den Feldberg (1.493 m), den Belchen (1.414 m) und den Blauen (1.165 m) nach Basel. Die östliche Variante des Qualitätswanderwegs führt Wanderer hingegen über das Herzogenhorn (1.415 m) und den Hotzenwald an den Hochrhein. Beide Westweg-Varianten lassen sich zu einer Gesamtstrecke von rund 380 Kilometern kombinieren (Pforzheim – Basel – Titisee).

Buchtipp

Hikeline-Wanderführer Westweg Schwarzwald (Esterbauer Verlag)
© Esterbauer Verlag

Westweg Schwarzwald
von Hans-Georg Sievers
ISBN 978-3-85000-813-6

Dieses 2019 in der sechsten Auflage erschienene Buch aus der Hikeline-Serie dürfte wohl der am häufigsten verwendete Westweg-Wanderführer sein. Wir haben es zur Vorbereitung unserer Tour verwendet, unterwegs aus Gewichtsgründen aber darauf verzichtet (249 Gramm). Der Wanderführer des Esterbauer Verlags beschreibt den Westwegs in 13 Etappen, fünf weitere Etappenbeschreibungen widmen sich der Ostvariante ab Titisee.

Alle Etappenbeschreibungen gehen detailliert auf den Wegverlauf ein, enthalten ein Höhenprofil der Strecke und gleich mehrere topografische Kartenausschnitte im Maßstab 1:35.000. Zusätzlich sind auch GPX-Tracks aller Etappen verfügbar. Grundlegende Infos zu kleineren Etappenvarianten fehlen ebenso wenig wie Tipps zu Sehenswürdigkeiten und Gasthäusern am Weg. Ergänzend finden sich im hinteren Buchteil ein Übernachtungs- und Ortsverzeichnis.

Schade: Das Buch hält sich nicht immer exakt an die Wegführung des Westwegs. So beschreibt der Wanderführer in Etappe 4 ab dem Seibelseckle den Weg über den Schwarzkopf. Der Westweg verlief in diesem Abschnitt bis 2017 aber über den Entlastungsweg nahe der Schwarzwaldhochstraße und nutzt nun die sehr schöne Trasse des Baiersbronner Seensteigs (Ölweg). Über den Schwarzkopf führte der Westweg hingegen nie.

Linktipp

Werbung & Transparenz: Ich danke Frau Baur von der Schwarzwald Tourismus GmbH, die unsere Wanderung mit kostenlosen Übernachtungen auf dem Westweg unterstützt hat. Meine Meinung und Berichterstattung bleiben davon unbeeinflusst! Werbelinks sind mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet. Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen. Wenn du auf einen dieser Provisions-Links (Affiliate-Links) klickst und über diesen Link einkaufst, erhält HappyHiker eine geringe Provision. Für dich fallen dabei keine Extra-Kosten an. Weitere Infos …

3 Gedanken zu „Westweg – Von Pforzheim zur Unterstmatt wandern“

  1. Diese Fernwandertour hatte ich für September 2020 geplant, konnte dann aber wegen Corona nicht nach DE fliegen (der Flug wurde aus den USA abgesagt). Nunja, jetzt hoffe ich das es im nächsten Jahr klappt. Schöne Bilder und Beschreibungen!! 🙂 Ich folge Euch auch auf Instagram, da könnt Ihr mich auch finden unter @antsy_hikes

    Grüsse aus Florida!

    Antworten
    • Da hätten wir uns ja fast getroffen! 😉 Wir machen ehrlich gesagt auch drei Kreuze, dass diese Tour wirklich wie geplant stattfinden konnte. Einen Monat später und die corona-bedingten Beherbergungsverbote hätten uns einen Strich durch die Rechnung gemacht …

      Antworten
  2. Vom Westweg träume ich schon so lange, schließlich startet er direkt vor meiner Haustür in Pforzheim. Schön, über die Stadt und die Tour aus der Besucherperspektive zu lesen.
    Irgendwann machen wir den Westweg auch!
    Liebe Grüße von Sanne

    Antworten

Schreibe einen Kommentar